Verbauung

Österreich (trauriger) Europameister beim Bodenverbrauch

Nieder�sterreich, Blick auf Zistersdorf *** Lower Austria, view of Zistersdorf
Nieder�sterreich, Blick auf Zistersdorf *** Lower Austria, view of Zistersdorf(c) imago images/viennaslide (www.viennaslide.com via www.imago-images.de)
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Täglich werden Agrarflächen in der Größenordnung von 20 Fußballfeldern durch Zubetonieren aus der Produktion genommen. Die höchste Supermarktfläche, das in Relation längste Straßennetz und immenser Leerstand sind die Folge.

Eines der großen Umweltprobleme in Österreich ist der hohe Bodenverbrauch, denn täglich werden Agrarflächen in der Größenordnung von 20 Fußballfeldern durch Zubetonieren aus der Produktion genommen. Flächen, die für die CO2- und Wasserspeicherung sowie für die Lebensmittelproduktion für immer fehlen. Österreich sei da Europameister, berichtete die Hagelversicherung am Mittwoch.

Die höchste Supermarktfläche, das in Relation längste Straßennetz und immenser Leerstand sind die Folge, hieß es in einem gemeinsamen Appell für eine deutliche Reduktion des rasanten Flächenverbrauchs der österreichischen Hagelversicherung, Landwirtschaftskammer Österreich, Universität für Bodenkultur Wien, Umweltbundesamt und VCÖ anlässlich des Weltbodentages am Donnerstag.

„Entspricht gesamter Agrarfläche des Burgenlands“ 

"Allein in den letzten 25 Jahren verloren wir hierzulande durch Verbauung 150.000 Hektar Äcker und Wiesen. Das entspricht der gesamten Agrarfläche des Burgenlands. Wenn man bedenkt, dass uns täglich weitere Agrarflächen für die heimische Lebensmittelproduktion in der Größenordnung von aktuell rund 20 Fußballfeldern abhandenkommen, dann ist diese Entwicklung unfassbar", schilderte der Vorstandsvorsitzende der Österreichischen Hagelversicherung, Kurt Weinberger, in einer Bestandsanalyse.

"Es muss das oberste nationale Ziel sein, die Lebensgrundlage Boden zu erhalten und nicht durch Verbauung weiter zu zerstören. Andernfalls gefährden wir massiv die Selbstversorgung Österreichs. Hier herrscht dringend Handlungsbedarf", lautet der gemeinsame, ergänzende Appell von Boku-Rektor Hubert Hasenauer, Landwirtschaftskammer-Präsident Josef Moosbrugger, Karl Kienzl, Stellvertreter der Geschäftsführung im Umweltbundesamt und VCÖ-Geschäftsführer Willi Nowak.

Kein Futter in „aufgeräumten“ Feldern

Die Nutzung des Leerstands sei ein Beispiel, wo sich Ökologie und Ökonomie perfekt ergänzen. "Als Finanzmanager, der ständig mit den zunehmenden Naturkatastrophen konfrontiert ist, sage ich: Wir müssen das brennendste Umweltproblem Österreichs - den rasanten Flächenverbrauch - lösen. Andernfalls werden uns unsere Kinder fragen: 'Wieso habt ihr uns die Zukunft verbaut?'", appellierte Weinberger an die Entscheidungsträger. Karl Kienzl, Stellvertreter der Geschäftsführung im Umweltbundesamt, erläutert die Alternative zur Verbauung: "Wir müssen über neue, nachhaltige Ansätze für die Siedlungs- und Gewerbeentwicklung ohne zusätzlichen Bodenverbrauch nachdenken. Die Nutzung von brachliegenden Flächen, schätzungsweise 40.000 Hektar, soll Vorrang vor der Ansiedlung auf der grünen Wiese haben", so Kienzl.

Der Bodenverbrauch bedroht dabei auch den Lebensraum der Regenwürmer, warnte der WWF Österreich in diesem Zusammenhang. "An jedem Tag verschwindet in Österreich der Lebensraum von Millionen Regenwürmern, unter jedem einzelnen Quadratmeter Beton werden zwischen 30 und 120 Regenwürmer begraben, bei besonders naturbelassenen Waldflächen sogar bis zu 600. Das ist katastrophal. In 'aufgeräumten' Feldern finden sie schlichtweg kein Futter", sagte Olivia Herzog, Ernährungsexpertin beim WWF.

Der Regenwurm sei aber ein regelrechter Star, vor allem was die Zukunft der Ernährung angeht. Er lockere die Böden, dünge sie und seine Grabungsarbeiten stützen das Pflanzenwachstum. Seine vielen Gänge helfen dem Boden zudem dabei, Wasser zu speichern. "Das hilft nicht nur beim Wachstum von Nahrungsmitteln, sondern unterstützt den Boden auch dabei, die Effekte von extremem Wetter - einer Folge der akuten Klimakrise - wie Hochwasser oder Starkregen, etwas abzufangen", schloss Herzog. (APA)

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