"Bösartige Lüge": Peking droht Google im Zensurstreit

Boesartige Luege Peking droht
Boesartige Luege Peking droht(c) REUTERS (JASON LEE)
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Google würde unter dem "Vorwand der Internetfreiheit" sich gegen geltende Bestimmungen auflehnen, lässt die Regierung dem Webkonzern per Medien ausrichten. Google überlegt einen kompletten Rückzug aus China.

China hat Google mit ernsten Konsequenzen für seine Geschäftsinteressen gedroht, sollte der Internetgigant tatsächlich seine chinesische Suchmaschine abstellen. Die in englischer Sprache erscheinende Pekinger Tageszeitung "China Daily" warf Google vor, seinen Streit mit der chinesischen Regierung wegen Einschränkungen bei der Berichterstattung über Menschenrechte zu "politisieren". Eigentümer der Zeitung ist Chinas kommunistische Partei. Eine Entscheidung des Unternehmens, die unter anderem mit Hackerangriffen auf Google aus China zusammenhängt, wird möglicherweise noch in dieser Woche erwartet. Nach Medienberichten soll der Internetriese einen Rückzug aus dem chinesischen Markt für Mitte April planen.

"Vorwand der Internetfreiheit"

Google habe vier Jahre lang die Regeln eingehalten, schrieb "China Daily". Jetzt glaube das Unternehmen, "mit den Vereinigten Staaten im Rücken und unter dem Vorwand der Internetfreiheit" die chinesische Regierung dazu zwingen zu können, alle geltenden Beschränkungen für seine Suchmaschine aufzuheben. "Geschäft ist Geschäft. Aber wenn dabei politische Tricks angewandt werden, ist das Geschäft schnell zu Ende".

Google wehrt sich gegen Zensur

"Je mehr Google die Angelegenheit politisiert, desto weniger Spielraum gibt es für Verhandlungen", hieß es. Unklar ist, ob Google derzeit Gespräche mit der Regierung in Peking führt, wie das Wall Street Journal berichtet. Die chinesische Seite hat das bisher bestritten. Bereits Anfang des Monats hatte die Regierung in Peking Google davor gewarnt, die Zensur von Suchergebnissen zu stoppen. Der US-Konzern verstoße gegen chinesische Gesetze, falls er die Ergebnisse seiner chinesischen Suchmaschine nicht mehr selbst zensiere, hieß es. Die chinesischen Behörden verlangen, dass aus ihrer Sicht politisch heikle Suchergebnisse - zum Beispiel zu Tibet oder zur blutigen Niederschlagung der Demokratiebewegung 1989 - herausgefiltert werden.

Hacker-Angriff löste Streit aus

Google hatte seine Haltung zu der von Peking verordneten Zensur nach dem massiven Hackerangriff auf sein E-mail-System Gmail Ende vergangenen Jahres überdacht. Das Unternehmen beharrt nun auf seinem neuen Kurs, weltweit entschiedener gegen Zensur vorgehen zu wollen. Aber auch wenn die chinesische Suchmaschine google.cn geschlossen werden sollte, will der Internetriese offenbar seine anderen Geschäfte in China weiter verfolgen. Ein kompletter Rückzug aus China sei nicht geplant, berichtete das "Wall Street Journal" kürzlich.  

Staatliche Kampagne gegen Google

Die chinesischen Staatsmedien haben eine stark nationalistisch gefärbte Kampagne gegen den US-Internetriesen Google in Gang gesetzt und ihn beschuldigt, im Dienste amerikanischer Geheimdienste zu stehen. Google sei ein "politisches Instrument der USA" und deren Geheimdienste, hieß es in einem Kommentar der zentralen Nachrichtenagentur Xinhua, der von sämtlichen offiziellen Medien des Landes verbreitet wurde. "China empfängt weder ein politisches Google noch akzeptiert es die Politik des Google", hieß es in dem Artikel. Zu der Erklärung des Internetkonzerns, sich nicht länger der chinesischen Zensur beugen zu wollen, schrieb "China Daily", die Chinesen erfreuten sich der größten Freiheit in ihrer 5000-jährigen Geschichte. Den chinesischen Staat der Internetzensur zu beschuldigen, sei eine "bösartige Lüge". Google werde davon nicht profitieren.

(Ag.)

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