Übernahmerisken: Wenn amerikanische Abenteuer schmerzhaft enden

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Bayer ist nicht das erste Unternehmen, das durch Probleme einer übernommenen US-Firma in Schwierigkeiten schlittert.

Wien. Die milliardenschwere Übernahme von Monsanto durch Bayer war von Anfang an umstritten – und die Entwicklungen der vergangenen Tage scheinen die Argumente mancher Kritiker zu bestätigen. Die Millionenstrafe, die Monsanto in den USA wegen des Unkrautvernichtungswirkstoffs Glyphosat ausgefasst hat, fällt jetzt indirekt auch auf die deutsche Konzernmutter zurück. Ihr Aktienkurs sackte am Montag auf den tiefsten Stand seit mehr als zwei Jahren ab.

Der Pharma- und Agrarchemiekonzern aus Leverkusen muss nun vor weiteren Strafen für Monsanto zittern. Er ist aber bei Weitem nicht das erste Unternehmen, das nach einer in den USA getätigten Übernahme in Probleme gestrudelt ist. Und immer wieder ist es das scharfe US-Produkthaftungsrecht – ebenso wie die allgegenwärtigen Sammelklagen – deren Risken akquisitionshungrige Konzerne falsch einschätzen.

RHI kämpfte mit Asbestklagen

Schon bald zwei Jahrzehnte ist es her, da erwischte es ein österreichisches Unternehmen – den Feuerfest-Konzern RHI. Er handelte sich durch US-Beteiligungen indirekt Hunderttausende Schadenersatzklagen ein. Es ging dabei um die Verwendung von Asbest – Altlasten der US-Töchter aus den 1970er-Jahren. Vor allem, aber nicht ausschließlich war die Ende 1999 übernommene Firma Harbison Walker betroffen. Ausgerechnet mit dieser Übernahme wollte RHI seine strategische Weltmarktführerschaft absichern – geendet hätte es fast ruinös.

Man habe das Problem unterschätzt, räumte die RHI-Führung später ein. Eskaliert war es ab 2001 – und endgültig ausgestanden erst im Jahr 2013, mit dem Abschluss der Chapter-11-Verfahren (US-Insolvenzverfahren) gegen die ehemaligen Töchter. RHI kam im Endeffekt mit einem blauen Auge davon und erhielt sogar noch eine Zahlung von 40 Millionen Dollar (rund 30,4 Mio. Euro), die der frühere Eigentümer einer der US-Firmen leistete.

Im Vorjahr wiederum erwischte es den japanischen Technologieriesen Toshiba: Auch er musste ums Überleben kämpfen, nachdem seine US-Tochter Westinghouse in eine Misere geschlittert war. Hier ging es allerdings nicht um gerichtliche Klagen, sondern um geschäftliche und bilanzielle Probleme. Auch hier hätte das US-Engagement eigentlich die Marktposition des Konzerns absichern sollen: Toshiba hatte den amerikanischen Atomkraftwerksbauer übernommen, um mit dessen Geschäft, das als stabil und krisensicher galt, die Schwankungen des Elektronikmarktes abzufedern.

Krise bei Toshiba

Im Endeffekt passierte das Gegenteil: Gleich bei mehreren Kraftwerksprojekten der US-Tochter liefen die Kosten aus dem Ruder, und das in viel größerem Ausmaß als zunächst veranschlagt. Letztlich musste Westinghouse Insolvenz anmelden, bei Toshiba wurden hohe Wertberichtigungen nötig. Zeitgleich schlug sich der japanische Konzern allerdings auch noch mit den Folgen einer bereits länger zurückliegenden Bilanzmanipulation herum.

Inzwischen scheint auch dieses Drama ausgestanden zu sein, Toshiba schreibt wieder Gewinne. Um das Ruder herumzureißen, waren allerdings schmerzhafte Einschnitte nötig – vor allem hat der Konzern seine Chipsparte verkauft. Nicht zuletzt deshalb vermeldete er zuletzt ein neues Rekord-Quartalsergebnis. Die Frage ist freilich, wie es sich langfristig auswirken wird. (cka/ag.)

Auf einen Blick

Der Feuerfest-Konzern RHI schlitterte ab 2001 in Schwierigkeiten, nachdem seine US-Töchter mit Klagen wegen Asbests eingedeckt worden waren. Endgültig ausgestanden war die Sache erst 2013, mit dem Abschluss der Insolvenzverfahren gegen die ehemaligen Töchter. Toshiba strudelte im Vorjahr durch die Insolvenz seiner US-Tochter Westinghouse in Probleme und musste in weiterer Folge seine Chipsparte abstoßen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.08.2018)

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