SPÖ, Neos und Liste Pilz werfen Innenminister Herbert Kickl ein "extrem autoritäres Verhalten" hinsichtlich der Aktenlieferungen für den U-Ausschuss vor. Das Innenministerium weist die Vorwürfe zurück.
Die Oppositionsparteien, SPÖ, Neos und Liste Pilz, ziehen vor den Verfassungsgerichtshof (VfGH). Der Grund: Das Innenministerium, konkret Ressortchef Herbert Kickl (FPÖ), liefere dem Parlament nicht die notwendigen Akten, um die sogenannte Causa BVT mittels eines Untersuchungsausschusses umfassend aufarbeiten zu können. "Wir bringen eine Klage beim VfGh ein, dass Kickl Akten liefern muss, von denen wir wissen, dass es sie gibt und dass sie uns Kickl nur nicht geben will", sagte SPÖ-Fraktionschef Kai Jan Krainer am Dienstagvormittag.
Auf den Innenminister treffe das Sprichwort zu, so Krainer weiter, dass man den wahren Charakter eines Menschen dann erkenne, wenn ihm Macht gegeben werde. "Kickl fällt auf durch ein extrem autoritäres Verhalten", beanstandete der Sozialdemokrat. "Er reagiert auf kritische Fragen, als ob es Majestätsbeleidigung wäre."
Neos-Abgeordnete Stephanie Krisper sagt, dass der Eindruck entstehe, das Ministerium habe keinerlei Interesse daran, die Arbeit des Parlamentes zu unterstützen. Mehr noch: Das Ganze wirke wie "Sabotage". Freilich, räumte Krisper ein, man habe vom Innenressort Akten erhalten - allerdings zu wenige und nur jene, die nicht relevant seien. Allerdings, Unterlagen, etwa über die Vorbereitung der Hausdurchsuchung im Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) am 28. Februar seien ausständig.

Verdacht auf Amtsmissbrauch
"Der Innenminister hat offensichtlich Angst", befand auch Listengründer Peter Pilz. "Und ich gehe davon aus, dass er zu Recht Angst hat." Anders sei ihm nicht erklärbar, weshalb das Ressort etwa auf "geheime Befragungen" der EGS-Beamten (Einsatzgruppe zur Bekämpfung der Straßenkriminalität, die eine Hausdurchsuchung im BVT durchgeführt haben, Anm.) bestehe. "Ich weiß gar nicht, wie das gehen soll", so Pilz, der ankündigte, die Vorgänge auf Amtsmissbrauch beim Wiener Polizeipräsidenten überprüfen lassen zu wollen. Sollte sich der Verdacht erhärten, will Pilz eine Anzeige einbringen.
"Wenn Österreich eine Nuklearmacht wäre, und wir würden dort über die Nuklearcodes reden, dann wäre das eine geeignete Sicherheitsvorkehrung", ärgerte sich Krainer. Ähnlich Pilz: "Die (ESG-Beamten, Anm.) kennen keine Staatsgeheimnisse, die kennen überhaupt nix", man wolle lediglich Informationen über den Ablauf der Hausdurchsuchungen.
Vier bis fünf Wochen bis zur Entscheidung
Die Abgeordneten rechnen nun damit, dass das Höchstgericht binnen vier bis fünf Wochen eine Entscheidung fällt, wurde weiters betont. Allerdings: Bei der Verfassungsklage besteht die Schwierigkeit für die Opposition auch darin, dass der VfGH nicht selbst ermittelt, welche Akten es im Innenministerium gibt. Vielmehr müssen SPÖ, Neos und Liste Pilz in ihrer Beschwerde nachweisen, welche konkreten Unterlagen dem Parlament vorenthalten wurden.
Laut Opposition geht es dabei etwa um einen Sammelakt aus dem Kabinett zum BVT, von dem man nicht alle fortlaufenden Nummern habe. Außerdem hätte man gerne ein konkretes Schreiben, von dem das Innenministerium behaupte, man müsse es nicht ans Parlament liefern.
Innenministerium weist Vorwurf der Sabotage zurück
Das Innenministerium wies am Dienstag den Vorwurf, man enthalte dem BVT-U-Ausschuss Akten vor, "strikt" zurück. Weiters sei keine Weisung an den Wiener Polizeipräsidenten Gerhard Pürstl zur Befragung von EGS-Beamten gegeben worden, hieß es in einer Aussendung. Der blaue Fraktionsführer im BVT-U-Ausschuss, Hans-Jörg Jenewein, warf der Opposition indes vor, Kickl "medial anzupatzen".
Auf einen Blick
Untersuchungsgegenstand des 23. U-Ausschusses der Zweiten Republik ist der Verdacht der abgestimmten, politisch motivierten Einflussnahme auf die Aufgabenerfüllung des BVT (Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung). Ihre Anfänge hat die Affäre im Sommer 2017 als in einem 39 Seiten starken Konvolut massive Anschuldigungen gegen BVT-Beamte erhoben wurden. Das Papier ging an Staatsanwälte, Politiker und Medien. Es geht um Amtsmissbrauch, Bestechlichkeit, Veruntreuung von Steuergeld und sexuelle Übergriffe.
Am 27. Februar 2018 ordnete die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft eine Hausdurchsuchung im BVT an. Auftrag: die Sicherstellung sämtlicher Unterlagen, Daten und elektronischer Daten mit Informationen zu den Sachverhalten, E-Mails, SMS oder sonstiger Dienste. Am Tag darauf fanden Razzien im BVT in Wien-Landstraße sowie in Wohnungen von Mitarbeitern statt. Durchgeführt wurden sie von der Einsatzgruppe zur Bekämpfung der Straßenkriminalität (EGS). Sie wurde gemeinsam mit dem Innenministerium ausgewählt.
Das Justizministerium erhielt am 2. März Bescheid von der Aktion. Am 3. März gelangten Informationen über die Razzia an die Öffentlichkeit, ebenso dass einige BVT-Mitarbeiter suspendiert wurden. Das Justizministerium schaltete sich am 8. März in die Ermittlungen der WKStA gegen die BVT-Beamten ein. Im April brachten SPÖ, Neos und Liste Pilz einen gemeinsamen Antrag auf Einsetzung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses ein.
(Red./APA)