Blaue Fehltritte: Vom ''8,88''-Wanderweg bis ''Höhlenmenschen''
In den Sozialen Netzwerken sorgten Freiheitliche in den vergangenen Jahren mit diversen Postings für Aufregung. Eine Sammlung verbaler Fehltritte - ohne Anspruch auf Vollständigkeit.

Angehörige der FPÖ haben in den vergangenen Jahren mehrfach mit Kommentaren in den Sozialen Netzwerken für Aufregung gesorgt. Rassismus- und Homophobie-Vorwürfe wurden laut, ebenso Rücktrittsaufforderungen. Passiert ist zumeist nichts. Erst im August 2018 kommentierte der blaue Stadtrat in Amstetten, Bruno Weber, ein ÖBB-Werbesujet, das zwei Männer mit einem Baby zeigt, so: „Das ist doch nicht normal! 2 vermeintliche Schwuchteln m Baby und davon noch ein Neger. Mir graust...“ Die Folge: Ein „scharfer Verweis“ seitens der FPÖ, aber - zum Missfallen von SPÖ und Neos - kein Rücktritt. Eine Sammlung verbaler Fehltritte von Freiheitlichen - ohne Anspruch auf Vollständigkeit.
Twitter/ÖBB

Eine Einladung der „Wandergilde Hirschenstein“ zu einer 8,88 Kilometer langen Wanderung sorgte ebenfalls im August für Schlagzelen. Kritiker orteten dahinter einen getarnten Hitlergruß – Neonazis verwenden dafür nämlich die Zahl 88. Harald M., Obmann der Wandergilde und FPÖ-Gemeinderat im Bezirk Oberpullendorf, bestritt dies vehement. „Wir sind die Strecke mit GPS abgegangen – einmal waren es 8,50 Kilometer, dann 8,90 Kilometer. Wir haben einfach die goldene Mitte genommen“, argumentierte er in den „Bezirksblättern Oberpullendorf“. Allerdings: Die Mitte zwischen 8,5 und 8,9 wäre wohl 8,7.

Im Jänner 2018 sorgte ein Facebook-Posting vom Ring Freiheitlicher Jugend (RFJ) Steiermark für Diskussionen über einen möglichen Aufruf zum Cyber-Mobbing. Die Freiheitlichen zeigten in dem Posting eine Journalistin des „Standard“ und nannten unter anderem ihre dienstliche E-Mail-Adresse. Konkret handelte es sich um einen Link zu einem Videostill aus einem Archiv der ÖVP-Veranstaltungsreihe DiensTalk, auf dem die Redakteurin zu sehen ist. Der RFJ schrieb in dem Posting dazu: „Das ist Colette. Colette schreibt für den Standard und stellt gerne FPÖ-ler an den Pranger." Falls man „Colette etwas zu sagen" habe, veröffentlichen die jungen Freiheitlichen die Mailadresse, aus der auch ihr Nachname zu entnehmen ist.
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Der blaue Gemeinderat im niederösterreichischen Krumbach, Bernhard Blochberger, postete am Heiligen Abend des Jahres 2017 auf seiner Facebook-Seite ungewöhnliche Weihnachtsgrüße. Konkret: Eine Zeichnung, die eine Familie auf der einen und zwei deutsche Soldaten bei einem Grab auf der anderen Seite zeigte. „Für all jene, an die heute niemand denkt“, schrieb er dazu in Großbuchstaben. Das Bild stammt von der nationalsozialistischen „Frauen-Warte", der „einzigen parteiamtlichen Frauenzeitschrift" vom Dezember 1943, wie ein FPÖ-kritischer Blog herausfand. Darauf angesprochen, rechtfertigte Blochberger sich im „Standard“: Er habe das nicht gewusst, das Bild lediglich auf einer anderen Facebook-Seite gesehen und für seine eigenen Freunde kopiert, „weil es mir gefallen hat". Dass er außerdem das Lied „Stille Nacht", illustriert mit Fotos von Wehrmachtssoldaten, veröffentlichte, rechtfertigte er so: Das sei ein Versehen gewesen, er habe „falsch gedrückt".
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Im Mai hatte eine Polizeistreife einen Einsatz am Leobener Hauptplatz. Es ging um eine Frau, die laut eigenen Angaben betrunken war, sich den Polizisten näherte und sie anstänkerte. Auf dem Video einer Überwachungskamera ist zu sehen, wie einer der Polizisten die Frau stößt, sie rücklings zu Boden geht und liegen bleibt. Die Beamten gingen weg. Ermittlungen wurden aufgenommen, die Beamten vom Dienst suspendiert. Im August wurde der Vorfall öffentlich und Leobens FPÖ-Vizebürgermeister Daniel Geiger setzte umgehend ein Posting dazu ab. Darin bezeichnete er den Stoß des Polizisten als ein „Schupferl". Außerdem meinte er: „Wo gehobelt wird, fallen auch Späne." Die blaue Stadtpartei Leoben teilte das Posting auf ihrer Facebook-Seite.
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Wegen eines islamfeindlichen Facebook-Postings wurde ein Tiroler FPÖ-Funktionär aus dem Zillertal vom Landesgericht Innsbruck zu einer unbedingten Geldstrafe verurteilt. Laut einem Bericht von ORF Radio Tirol soll der Mann auf dem Online-Netzwerk von „geisteskranken Islamideologien“ geschrieben haben. Die Aussage war auf der offiziellen Facebook-Seite der örtlichen FPÖ-Organisation veröffentlicht worden. Bevor über politische Konsequenzen nachgedacht werde, wolle man ein mögliches Berufungsverfahren abwarten, sagte Tirols FPÖ-Chef Markus Abwerzger damals dem ORF. Die Kritik des Funktionärs habe sich nicht grundsätzlich gegen den Islam, sondern gegen den politischen Islam gerichtet. Die Verurteilung des Gerichts erfolgte wegen der Herabwürdigung religiöser Lehren.
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Unter dem Titel „Bernd Buchner bereitet sich vor" hat der Bezirksobmann der Pinzgauer FPÖ Bilder von einer Glock 17, einem Gewehr samt Zielfernrohr, beschossenen Zielscheiben und gefüllten Magazinen und Munition gepostet. Dazu kommentierte er: „Wenn das Schwimmbad voll ist wirds Zeit für eine andere Beschäftigung. Deutschland empfahl doch sich vorzubereiten oder hab ich das falsch verstanden?!" Der grüne Landtagsabgeordnete Simon Heilig-Hofbauer zeigte sich empört. „Den Salzburgern zu suggerieren, sie müssten sich bewaffnen und herumballern, ist unverantwortliche Panikmache. Entweder Herr Buchner hat wirklich etwas grundsätzlich falsch verstanden, oder er ist als Politiker fehl am Platz.“ Buchner wehrte umgehend ab: „Man kann auf Facebook viele Sachen zweideutig lesen", meinte er. Und: „Wo soll das Problem liegen? (…) Ich bin kein Berufspolitiker und der Meinung, dass ich dann auch Privates posten kann, ohne jedes Mal zu überlegen, ob ich das auch darf.“
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FPÖ-Bundesparteichef Heinz-Christian Strache und die freiheitliche Salzburger Landeschefin Marlene Svazek gerieten im Juni 2016 in die Kritik, nachdem sie jeweils Fotos von Sommersonnwendfeuern veröffentlicht und mit dem Spruch „Flamme empor“ eingeleitet hatten. Denn: „Flamme empor“ ist der Name eines Liedes, das während der NS-Zeit vielfach bei Sonnwendfeuern gesungen wurde. Von dem deutschen Volks- und Freiheitslied - der Text stammt ursprünglich aus dem Jahr 1814 - existieren freilich verschiedene Versionen. "Flamme empor" wurde eine Zeit lang auch von den Pfadfindern gesungen, wurde dort aber wegen des Naheverhältnisses zur NS-Zeit mittlerweile „ausgemistet“.
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Der FPÖ-Abgeordnete Christian Höbart veröffentlichte auf seiner Facebook-Seite einen Kommentar, in dem er Flüchtlinge verhöhnt, die mit dem Boot nach Europa übersetzen: „Eine Seefahrt, die ist lustig, eine Seefahrt, die ist schön...“, schrieb er – um den Eintrag kurz darauf wieder zu löschen. Zugleich äußerte er Verständnis für die Kritik an seinem Facebook-Posting. Allerdings bekundete er, es habe sich um einen „ironischen Kommentar" seinerseits gehandelt. Ein Jahr zuvor hatte Höbart Asylwerber, die im Erstaufnahmezentrum in Traiskirchen demonstrierten, auf Facebook als „Erd- und Höhlenmenschen“ bezeichnet, die nicht zu schätzen wussten, „dass sie bestes Essen, neue Kleidung und sonstigen Firlefanz bekommen!“ Kurz darauf meinte Höbart, dass „Höhlenmenschen“ ein „Synonym für Menschen ist, die unserer Kultur viele, viele Jahre hinterherhinken!“ Mit seinem Posting habe er auf das „unzivilisierte Verhalten“ vieler Asylwerber hinweisen wollen. Möglicherweise sei seine Ausdrucksweise aber etwas überzeichnet gewesen, räumte er ein.
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In einer Presseaussendung sprach sich der freiheitliche Abgeordnete Gerhard Deimek gegen EU-Sanktionen gegen Israel wegen dessen Siedlungspolitik aus und warnte davor, die „Sanktionskeule" zum bestimmenden Werkzeug der EU-Außenpolitik zu machen. Das Pikante daran: Nach dem Wort „zum" schien im Zitat die Zahl „88" auf, die in Neonazi-Kreisen als Chiffre für „Heil Hitler" verwendet wird. Die FPÖ ortete einen „bedauerlichen Fehler" und korrigierte die Aussendung.

Am Halloween-Abend war eine 13-Jährige mit einer Gruppe Jugendlicher im burgenländischen Großhöflein unterwegs, als sie ein Projektil aus einer Kleinkaliberwaffe am Becken traf. Bei dem Schützen handelte es sich um den FPÖ-Vize-Bezirksparteiobmann in Oberpullendorf. Der Mann wurde von der Partei ausgeschlossen, er saß in Untersuchungshaft. Sein Anwalt erklärte den Hergang des Vorfalls so: Bei Schießübungen soll der Verdächtige auf eine Aludose und eine Straßenlaterne geschossen und dann auf einen größeren Stein gezielt haben. Statt des Steines sei jedoch das Mädchen getroffen worden.
APA/MICHAEL LANG

Der Kärntner Freiheitliche Siegfried Kampl antwortete auf die Frage der „Kleinen Zeitung", ob er sich vom Nationalsozialismus distanzieren wolle: „Sie brauchen nicht schreiben, ich distanziere mich. Das war eine Situation. Da waren 99 Prozent dafür. Nur von dem, was sie gemacht haben, distanziere ich mich, nicht vom Nationalsozialismus. Das darf man nicht sagen, dass der zum Teil schlecht war. Da ist die Kinderbeihilfe eingeführt worden. Die alten Leute sind damals im Stall verstorben. Das war ein Elend. Es gab keine Altersvorsorge, keinen Kirchenbeitrag. Aber die Auswüchse - das hat ja keiner gewusst, das hat die Masse der Menschen ja nicht gewusst. Sonst hätte der Krieg nicht so lange gedauert." Die Konsequenz: Parteiausschluss. Kampl war bereits 2005 mit einem Nazi-Sager aufgefallen. Damals hatte er in der Debatte um die Rehabilitierung von Wehrmachtsdeserteuren diese als „zum Teil Kameradenmörder" bezeichnet.

Andreas Mölzer, FPÖ-Spitzenkandidat für die EU-Wahl, sagte laut dem „Magazin“ der „Süddeutschen Zeitung“ bei einer Veranstaltung, dass im Vergleich mit der EU „das Dritte Reich wahrscheinlich formlos und liberal" gewesen sei. Seine Begründung: Im „Dritten Reich“ habe es „sicher nicht so viele Regeln und Vorschriften, Gebote und Verbote" gegeben. Weiters müsste sich die EU fragen, ob sie ein „Negerkonglomerat" sei, beherrscht von einer „Bande von Lobbyisten".Nach heftiger Kritik entschuldigte sich Mölzer für seine Worte – und wurde als Spitzenkandidat von Harald Vilimsky abgelöst.

Der von der Wiener FPÖ organisierte Akademikerball fand sich auf der „Satire"-Seite der freiheitlichen Wochenzeitung „Zur Zeit", die von dem früheren EU-Abgeordneten Andreas Mölzer und dem einstigen Volksanwalt Hilmar Kabas herausgegeben wird. Eine Karikatur zeigte (den damaligen) Kanzler Werner Faymann (SPÖ) und Vizekanzler Michael Spindelegger (ÖVP), die sich hinter einem Vorhang verstecken. Davor wurden Proteste angedeutet. Darunter stand: „Unseren Hass könnt ihr haben." Bei dem Spruch handelt es sich um den Slogan eines Protestzuges gegen den Akademikerball, organisiert von „NoWKR". Am unteren Rand der Karikatur fand sich der Schriftzug: „Kristallnacht 2014". In Nazi-Diktion bezeichnete „Reichskristallnacht“ die Nacht vom 9. auf den 10. November 1938. Damals verwüsteten Nationalsozialisten Geschäfte, Synagogen und Wohnhäuser von Juden im Deutschen Reich. Rund 400 Juden wurden ermordet oder in den Selbstmord getrieben, an die 30.000 in Konzentrationslager gebracht.
(c) Screenshot: Zur Zeit, Seite 57

Am Titelblatt warnte die „Zur Zeit": „Die Zigeuner kommen". In dem dazugehörigen Bericht wurden Roma und Sinti als „dem Europäer fremde Kultur" bezeichnet. Schon in früheren Ausgaben fanden sich ähnlich provokative Berichte. So wurden im Dezember 2012 beispielsweise die Wiener Grünen-Politikerinnen Maria Vassilakou und Barbara Neuroth an ihrem „genetisch vorbestimmten Arbeitsplatz" – der Küche – abgebildet (siehe Foto).
(c) Screenshot: Zur Zeit