38 Tote geborgen, bis zu 20 Vermisste. Notstand wurde für ein Jahr wegen drohenden Verkehrsinfarkts erklärt.
Genua/Rom. Die Ursache für den Brückeneinsturz in Genua ist noch unbekannt, doch der Ton wird rauer. „Es kann nicht sein, dass man Maut bezahlt und dann stirbt“, sagte Luigi Di Maio, Chef der regierenden Fünf-Sterne-Bewegung, am Donnerstag. Der Minister für Arbeit und wirtschaftliche Entwicklung sagte, die Betreibergesellschaft Autostrade per l'Italia sei am Einsturz der Morandi-Brücke in Genua schuld. Dabei waren am Dienstag Dutzende Autos in die Tiefe gerissen worden, mindestens 38 Menschen starben. Nach zehn bis 20 Vermissten wurde am Donnerstag noch gesucht.
Die Brücke unterlag als Teil des europäischen Fernstraßennetzes auch Auflagen der EU. Die EU-Kommission bestätigte am Donnerstag, die Verantwortung für die Sicherheit liege bei Autostrade. Die Firma wies alle Vorwürfe zurück. Man habe die 1967 fertiggestellte Brücke wie vorgeschrieben alle drei Monate kontrolliert. Es sei zu früh, begründete Erklärungen der Ursache zu finden. Autostrade per l'Italia ist für 3020 Kilometer von rund 6000 privaten Autobahnkilometern in Italien zuständig. Da die Regierung einen Lizenzentzug erwägt, warnte man seitens des Unternehmens, dass ein Bruch des bis 2038 geltenden Betreibervertrages hohe Ausgleichszahlungen mit sich bringen würde, die Rede ist von 15 bis 20 Milliarden Euro.
Mehr als 600 Obdachlose
Die Regierung rief für Genua für zwölf Monate den Notstand aus. So sollen vor allem Maßnahmen erleichtert werden, um dem absehbaren Verkehrskollaps auch im Umland zu begegnen. Zudem sind mehr als 600 Menschen obdachlos, deren Wohnungen unter oder nahe der Brücke sind. Für die Toten findet am Samstag in der Hafenstadt eine Trauerfeier statt.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.08.2018)