Karin Kneissl, Wladimir Putin und die Kosten einer speziellen Hochzeit

Karin Kneissl und Wladimir Putin -DIPLOMACY
Karin Kneissl und Wladimir Putin -DIPLOMACYAPA/AFP/JOE KLAMAR
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Mehrere Hundert Polizisten werden am Samstag den russischen Ehrengast bei der Trauung der Außenministerin im Gasthaus Tscheppe schützen.

Wien. Im Gasthaus Tscheppe im Sulztal an der südsteirischen Weinstraße ist am Samstag leider kein Tisch mehr zu haben. Geschlossene Gesellschaft, heißt es auf Anfrage freundlich, aber knapp am Telefon. Details dürfe man nicht preisgeben. Mittlerweile weiß die ganze Region, welch illustre Gesellschaft den Blick auf die Weinberge genießen wird: Rund 100 Gäste hat Außenministerin Karin Kneissl zu ihrer Hochzeit mit dem Unternehmer Wolfgang Meilinger gebeten, darunter nicht nur Regierungskollegen wie Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ), sondern auch Russlands Präsidenten, Wladimir Putin.

Bis zuletzt hatte keiner damit gerechnet, dass der Kreml-Chef wirklich kommt. Kneissl erzählte ihm bei dessen Wien-Besuch von ihrer Heirat und lud ihn im Überschwang gleich ein. Putin sagte zu, Samstag, auf seinem Weg nach Schloss Meseberg zur deutschen Kanzlerin, Angela Merkel, einen Abstecher in die Südsteiermark zu machen. Und er dürfte sein Wort halten.

Seit Tagen bereiten sich Sicherheitskräfte vor. Denn ein hochgefährdeter internationaler Besucher wie Putin muss entsprechend geschützt werden. Mehrere Hundert Polizisten seien im Einsatz, erklärt ein Sprecher der Landespolizeidirektion Steiermark. Mehr will er dazu nicht sagen. Wie „Die Presse“ erfuhr, wird Putin in Graz zwischenlanden, zur Trauung ins Gasthaus Tscheppe fahren und bald danach weiter nach Berlin reisen. Die Polizei wird das Areal rund um die Feier großräumig absperren. Bundespräsident Alexander Van der Bellen wird übrigens nicht kommen.

Reimon fordert Rücktritt Kneissls

Das Außenamt hat inzwischen alle Hände voll zu tun, Kritik daran abzuwehren, dass Kneissl eine besondere Nähe zu Putin signalisiere. Es handle sich um eine private Feier, aus der sich keine Änderung der außenpolitischen Positionierung ergebe. Davor hatte die Vorsitzende des außenpolitischen Ausschusses im ukrainischen Parlament, Hanna Hopko, auf Twitter ausgerichtet, dass Österreich von nun an kein Vermittler in der Ukraine sein könne. Der grüne Europaabgeordnete Michel Reimon fordert sogar den sofortigen Rücktritt Kneissls. Ein Despot sei nie privat, sagte er zur APA. Die schwarz-blaue Regierung verspiele den Ruf Österreichs, weil sie als verlängerter Arm des russischen Regimes in der EU wahrgenommen werde.

Aus dem Außenamt hieß es zwar, dass Kneissl die Kosten für die Hochzeitsfeier und eine private Sicherheitsfirma selbst übernehme. Doch besonders zu Buche schlagen wird natürlich der Schutz Putins. Wie viel für die Überstunden der Polizei zu zahlen ist, wollte gegenüber der „Presse“ niemand schätzen. Doch die jüngste Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage der SPÖ gibt eine Ahnung von der finanziellen Dimension.

Putins Besuch kostete halbe Million

Demnach betrugen die Kosten für Putins eintägigen Arbeitsbesuch am 5.Juni in Wien mehrere Hunderttausend Euro. Allein den Personalaufwand für 901 Polizisten bezifferte Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) auf etwas mehr als 316.000 Euro, Gesamtkosten des Innenministeriums inklusive Sachaufwand: gut 355.000 Euro. Aufseiten des Bundesheeres waren 608 Soldaten im Einsatz – Kosten für die Überstunden: 67.000 Euro. Dazu schützten noch zehn Flugzeuge, darunter vier Eurofighter, und sieben Hubschrauber den Kreml-Chef.

Putin ist bekannt dafür, Politik und Privatleben zu vermischen. Mit dem chinesischen Staatschef, Xi Jinping, beging er nach eigenen Worten seinen Geburtstag im Oktober 2013 am Rand eines Asia-Pazifik-Gipfels mit Wodka und Wurst. Zu Putins engsten Freunden in Europa zählen der italienische Ex-Premier Silvio Berlusconi und der deutsche Altkanzler Gerhard Schröder. Zu Putins 65. Geburtstag im vergangenen Jahr reiste Berlusconi eigens an, um dem russischen Staatschef eine Steppdecke als Geschenk zu überreichen, die ein gemeinsames Foto der beiden Männer zeigt.

Schröder war sich mitten in der Ukraine-Krise im April 2014 nicht zu schade, seinen 70. Geburtstag in St. Petersburg nachzufeiern. Ehrengast: Putin. Schröders (insgesamt fünfte) Hochzeit mit der Südkoreanerin Soyeon Kim Anfang Mai in Seoul ging dagegen ohne Putin über die Bühne. Dem Vernehmen nach wird der Kreml-Chef auch der Feier zu diesem Anlass Anfang Oktober in Berlin nicht beiwohnen. Das Magazin „Stern“ zitierte Schröder mit den Worten, ein Staatschef bei der Hochzeit bedeute „viel zu viel Buhei“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.08.2018)

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