Brasilien: Kandidatur aus dem Knast

Ex-Präsident Lula da Silva sitzt seit Juli ein.
Ex-Präsident Lula da Silva sitzt seit Juli ein.REUTERS
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Ex-Präsident Lula, seit Juli in Haft, wurde von der Arbeiterpartei zur Wahl im Herbst angemeldet. Dabei dürfte er gar nicht antreten.

Brasilia. Im Oktober sollen rund 146 Millionen wahlberechtigte Brasilianer über ein neues Staatsoberhaupt für den südamerikanischen „Riesen“ entscheiden. Bis vor Tagen gab es zwölf Kandidaten. Nun sind es 13: Ex-Präsident Luiz Inácio Lula da Silva (72) ist seit Donnerstag offiziell im Rennen, nachdem seine Arbeiterpartei (PT) ihn beim Kandidatenregister eingetragen hatte – trotz Verurteilung wegen Korruption zu zwölf Jahren Haft, die er seit Juli absitzt.

Laut Gesetz ist Lulas Kandidatur deswegen allerdings verboten. Die Eintragung löste bereits Kritik seitens der Generalstaatsanwaltschaft und zahlreicher Politiker aus. Und noch ist sie nicht fix: Das Oberste Wahlgericht muss bis 17. September 2018 über Lulas Antritt entscheiden. Sollte es die Bewerbung verwerfen, dürfte sein Vizepräsidentschaftskandidat, Fernando Haddad, einspringen. Der Ex-Bürgermeister von São Paulo war Bildungsminister unter Lula (Amtszeit 2003 bis 2011). Beobachter zweifeln aber daran, dass alle Anhänger Lulas auch für Haddad stimmen würden. Lula hat davon indes sehr viele: Aktuelle Umfragen sehen ihn mit bis zu 40 Prozent auf Platz eins, vor dem ultrarechten Kandidaten Jair Bolsonaro mit 17 Prozent. Er dürfte mit seiner angekündigten Law-and-order-Politik jedenfalls in die absehbare Stichwahl eintreten; er feindet Homosexuelle, Schwarze und Indigene an und zeigt Sympathie für frühere Militärdiktaturen.

Lula ließ wissen, er sei sich sicher, als Präsident „Brasilien aus einer der schwersten Krisen der Geschichte herauszuziehen“. Das Land wird seit der Absetzung von Präsidentin Dilma Rousseff (ebenfalls wegen Korruption) 2016 vom liberal-konservativen Michel Temer als Übergangspräsident geführt. Der ziemlich unbeliebte Temer, der ebenfalls unter Korruptionsverdacht steht, darf bei der Wahl wegen früherer Verletzung des Wahlrechts nicht antreten. (red./ag.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.08.2018)

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