Erdogan sieht Wirtschaftskrieg gegen die Türkei

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"Einige Leute versuchen uns mit Hilfe der Wirtschaft zu bedrohen, durch Zinsen, Devisenkurse, Inflation und Anlagen", sagte Erdogan am Samstag auf einer Veranstaltung seiner regierenden AK-Partei.

Einen Tag nach der Herabstufung der Türkei durch mehrere Rating-Agenturen hat der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan den USA vorgeworfen, sein Land wirtschaftlich in die Knie zwingen zu wollen. "Einige Leute versuchen uns mit Hilfe der Wirtschaft zu bedrohen, durch Zinsen, Devisenkurse, Inflation und Anlagen", sagte Erdogan am Samstag auf einer Veranstaltung seiner regierenden AK-Partei. "Wir durchschauen das Spiel und wir werden uns dagegen wehren", sagte der Präsident. Die Türkei werde sich nicht denjenigen ergeben, die sich als strategischer Partner gerierten, die Türkei aber in Wirklichkeit zu einem strategischen Ziel machen wollten, sagte Erdogan mit Blick auf die USA. 

Indes ist Erdogan auf dem Kongress seiner islamisch-konservativen AKP als Parteichef wiedergewählt worden. Das berichtete die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu am Samstag. Damit baute der Staatschef seine Macht innerhalb und außerhalb der Partei weiter aus. Inmitten der Krise seines Landes zeigte er sich kampflustig.

Erdogan kritisiert Ratingagenturen

Die Türkei werde sich weder von US-Sanktionen noch von schlechten Noten für ihre Bonität einschüchtern lassen, sagte Erdogan auf dem Parteitag in Ankara. "Einige Leute drohen uns über die Wirtschaft, durch Sanktionen, Wechselkurse, Zinssätze und Inflation", so der Präsident. "Wir sagen ihnen: Wir haben eure Spielchen erkannt, und wir fordern euch heraus." Man werde nicht denjenigen gegenüber kapitulieren, die vorgäben, ein "strategischer Partner" zu sein, die Türkei aber zu einem "strategischen Ziel" machten.

Erdogans Tirade trifft sowohl die USA wie auch zwei große Ratingagenturen. Standard & Poor's (S&P) sowie Moody's hatten die Kreditwürdigkeit des Landes am Samstag noch weiter herabgestuft. S&P setzte das Rating am Freitag von BB- auf B+ zurück. Damit gelten Staatsanleihen der Türkei, die ohnehin schon als Ramsch eingestuft sind, nun als sehr spekulativ. Später nahm auch Moody's sein Türkei-Rating um eine Stufe zurück.

Der Konflikt mit den USA um einen in der Türkei unter Hausarrest stehenden US-Pastor hatte in den vergangenen Wochen zu einem massiven Kursverfall der Landeswährung Lira geführt. Am Freitag hatten die Rating-Agenturen Moody's und S&P die Kreditwürdigkeit des Landes noch tiefer in die Ramschzone herabgestuft. S&P berief sich auf die extreme Volatilität der türkischen Währung. Für das kommende Jahr sagte die Agentur eine Rezession voraus. Das Rating wurde von "BB-" auf "B+" gesenkt, der Ausblick blieb stabil.

Moody's erklärte zur Begründung, die staatlichen Institutionen der Türkei würden geschwächt, wodurch die Vorhersagbarkeit der türkischen Politik schwieriger werde. Das Rating wurde auf "Ba2" auf "Ba3" herabgesetzt, der Ausblick auf negativ geändert.

Die türkische Lira hat seit Jahresbeginn rund 40 Prozent zum Dollar verloren und fiel zuletzt auf ein Rekordtief. Die Krise ausgelöst hatten Sorgen von Investoren über den wachsenden Einfluss von Erdogan auf die Wirtschaft und die Geldpolitik. Für zusätzliche Spannungen sorgt ein Streit mit dem Nato-Partner USA. Ein schlechteres Rating zieht üblicherweise steigende Kosten für die Verschuldung nach sich.

(Reuters/APA)

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