Wie Moskau die Visite sieht

Russische Experten möchten in der Einladung nichts Besonderes sehen – bilaterale Beziehungen entwickelten sich generell gut.

Der Kurzbesuch des russischen Präsidenten in der Steiermark erregte in seinem Heimatland längst nicht so viel Aufsehen wie innerhalb der Europäischen Union. Zwar berichtete das Staatsfernsehen über die Ankunft des Präsidenten in der Steiermark und notierte, dass der prominente Gast die politische Landschaft polarisiere, im Großen und Ganzen wurde Putins Abstecher jedoch als Privatangelegenheit des Präsidenten präsentiert.

Diese Einschätzung vertrat etwa der Kreml-nahe Politologe Wladimir Bruter, der auf Gaseta.ru die Rücktrittsforderungen aus Österreich an Kneissl als „Hysterie“ und Äußerung von „Russophobie“ bezeichnete. Eine Hochzeit sei eben Privatangelegenheit, zu der jedermann einladen könne, wen er wolle. Auch der Mitarbeiter des Europa-Instituts der Russischen Akademie der Wissenschaften und Österreich-Experte Wladimir Schwejzer betonte die sowieso exzellenten Beziehungen zwischen Wien und Moskau. Dass Österreich als Trojanisches Pferd in der EU wahrgenommen werde, wie dies der Innsbrucker Politologe Gerhard Mangott befürchtet hatte, sei „absoluter Nonsens“. Die bilateralen Beziehungen entwickelten sich generell gut – egal, wer gerade im Amt sei.

Moskau registriert internationale Reaktionen genau – etwa die scharfe Kritik aus Kiew von Außenminister Pawlo Klimkin. Putins Hochzeitsbesuch ist so gesehen ein relativ exakter Stimmungstest, wo Europa und der Kreml im Sommer 2018 stehen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.08.2018)

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