Als "Freibrief für Betonierer" geißelt die Umweltschutzorganisation WWF das geplante Standortentwicklungsgesetz. Es soll mit 1. Jänner des kommenden Jahres in Kraft treten.
Nach der harschen Kritik am geplanten Standortentwicklungsgesetz wird es nun eine umfassende Überarbeitung geben, berichtet die "Wiener Zeitung" (Mittwochausgabe) mit Verweis auf den Verfassungsdienst des Justizministerium. Dieser habe nämlich - völlig ungewöhnlich - gar keine Stellungnahme zum Gesetzesentwurf abgegeben, da sich der Entwurf bereits erübrigt habe.
Das Gesetz wird heute Thema im Ministerrat behandelt und soll mit 1. Jänner des kommenden Jahres in Kraft treten. Insbesondere wird kritisiert, dass ein Großprojekt automatisch genehmigt ist, wenn die Umweltverträglichkeitsprüfung über ein Jahr dauert, weil zum Beispiel der Projektwerber schlechte Unterlagen vorgelegt hat.
"Eine Stellungnahme zum historischen Begutachtungsentwurf seitens des BMVRDJ (Justizministerium, Anm.) hat sich erübrigt, da vom BMDW (Wirtschaftsministerium, Anm.) bekanntgegeben wurde, dass dieser Entwurf maßgeblich überarbeitet wurde und weitere Arbeiten daran stattfinden", so das Justizministerium nun zur "Wiener Zeitung".
Das Wirtschaftsministerium relativierte allerdings die Aussagen der Justiz. "Es wird definitiv nicht neu aufgesetzt", so eine Sprecherin zur Zeitung. Man werde die im Begutachtungsverfahren eingelangten Stellungnahmen nur einarbeiten und gegebenenfalls einen Abänderungsantrag verfassen. Das entspreche dem normalen Ablauf der Gesetzgebung.
Kritik an der Vorgehensweise von der zuständigen Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP) kommt von der SPÖ. Klubchef Andreas Schieder hat es nach eigenen Angaben noch "nie erlebt", dass der Verfassungsdienst derart umgangen wurde. "Demokratiepolitisch ist das ein No-Go", sagte er der Zeitung.
Laut Schieder prüft die SPÖ auch, ob man die vom Umwelt- und Landwirtschaftsministerium verschickte, aber nicht öffentliche Stellungnahme, zum geplanten Gesetz das Parlament über eine Anfrage erhalten könnte.
Der Politikwissenschafter und Parteienexperte Hubert Sickinger ist über die beiden prominenten Abwesenden im Begutachtungsverfahren überrascht. "Das ist ein völliger Bruch mit den Usancen. Das schreit ja danach, dass es hier einen politischen Maulkorb gab", so Sickinger.
"Freibrief für Betonierer"
Im heutigen "Standard" übt der Verfassungsrechtler Heinz Mayer Kritik am geplanten Standortentwicklungsgesetz. "Die Wirtschaft ist kein Selbstzweck, sondern muss zum Wohle des Staates und seiner Bürger tätig sein. Das neue Standortentwicklungsgesetz tut das nicht und gefährdet nebenher noch den Rechtsstaat", so der Experte. Weiters heißt es in seinem Kommentar: "Es geht schlicht um die Aushebelung des Rechtsstaates und um eine massive Verletzung des europäischen Rechts."
Und auch die Umweltschutzorganisation WWF lässt kein gutes Haar am Gesetzesentwurf. Sie spricht von einem "Freibrief für Betonierer" und fordert einmal mehr die Rücknahme des "völlig verpfuschten Entwurfs". Weiters fordert der WWF die Veröffentlichung der bisher nur intern übermittelten Stellungnahme des Umweltministeriums an das Wirtschaftsressort.
(APA)