Robert Holzmann: Ein ruheloser Weltbürger aus Hirschegg

Robert Holzmann wird Österreichs „Mister Euro“.
Robert Holzmann wird Österreichs „Mister Euro“.(C) beigestellt
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Der designierte Nationalbankgouverneur hat eine eindrucksvolle internationale Karriere hinter sich – und bringt frische Ideen ein.

Wien. Hirschegg im steirisch-kärntnerischen Grenzgebiet: Wer sich hier, auf 900 Metern Seehöhe, umgeben von den dichten Wäldern der Pack, niederlässt, schätzt die Ruhe. Oder braucht ein Refugium, um nach anstrengenden Wochen draußen in der Welt die Batterien wieder aufzuladen.

Auf den derzeit prominentesten Bürger des 612-Seelen-Dorfs dürfte wohl Zweiteres zutreffen: Robert Holzmann, designierter Gouverneur der Oesterreichischen Nationalbank, schreibt hier seine Bücher (zuletzt: „The Taxation of Pensions“) und Studien. Wenn er nicht gerade um den Globus jettet. „Frankreich, Korea, China“, war neulich die Antwort auf die Frage, wo er die zweite Augusthälfte verbringen werde.

Nicht zum Spaß, natürlich. Denn der 69-jährige Ökonom ist als Experte für Migration, Arbeitsmarkt und Pensionen noch immer für Projekte internationaler Organisationen unterwegs. Etwa für die Weltbank, für die er heuer den Report „Aghanistan: Managed International Labor Mobility As Contribution to Economic Development And Growth” ablieferte. Als Weltbürger fühlte sich der gebürtige Leobener schon immer. Die wichtigsten Stationen nach den Wirtschaftsstudien in Wien und Grenoble: Uni-Professor in Wien, Saarbrücken und Kuala Lumpur, Gastprofessuren unter anderem in Japan, Chile und China, Tätigkeiten für die OECD in Paris, Chefökonom beim Internationalen Währungsfonds in Washington und schließlich Experte für Soziales und Arbeit bei der Weltbank, wo er es zum Research Director brachte.

„Lehrjahre“ bei Van der Bellen

Das sollte als Qualifikation für die Notenbank eigentlich reichen. Zumal er ja mit der Staatsspitze auch recht gut kann: Bundespräsident Alexander Van der Bellen hat sich neulich sehr positiv über seinen ehemaligen Assistenten an der Uni Wien geäußert.

Und wie kommt ein Mann mit dieser Vita auf ein Ticket der FPÖ? Holzmann ist Liberaler im besten Sinn des Wortes. Als solcher war er im FPÖ-nahen Atterseekreis aktiv, als sich dort noch echte Liberale tummelten. Aus dieser Zeit stammt auch seine Bekanntschaft mit Jörg Haider, die freilich weniger konfliktfrei gewesen sein dürfte, als gemunkelt wird. Denn Haider löste den damals wie gesagt liberalen Atterseekreis kurzerhand auf, als er sein Projekt „Wählertausch“ durchzog.

Wie auch immer: Wenn im FPÖ-Umfeld Experten für höchste Ämter gesucht wurden, kam die Partei an Holzmann kaum vorbei. Etwa während Schwarz-Blau eins: Da wurde dem Weltbankdirektor das Finanzministerium angeboten – das er damals dankend ablehnte.

Jetzt war im Vorfeld davon die Rede, dass Holzmann Nationalbankpräsident werden sollte. Schwer vorstellbar, dass er da glücklich geworden wäre. Denn OeNB-Präsident ist ein Repräsentationsamt ohne viel Einfluss. OeNB-Gouverneur dagegen ist ein Posten mit viel Entscheidungsgewalt: Der Gouverneur ist in Sachen Geldpolitik völlig weisungsfrei, niemand, auch kein anderes OeNB-Gremium, kann ihm dreinreden. Und er vertritt, mit dieser Entscheidungsfülle ausgestattet, Österreich im EZB-Rat, dem Entscheidungsgremium der Euro-Notenbank.

Dort wird man dem ersten Auftreten des Neuen aus Österreich wohl mit Interesse entgegensehen. Denn die Ansichten Holzmanns entsprechen nicht gerade dem Draghi-Mainstream. Die Nullzinspolitik, sagte er beispielsweise einmal zur „Presse“, erzeuge bei den Regierungen eine „Illusion über die Nachhaltigkeit der Staatsfinanzen“, die den Reformeifer bremse und sehr schnell platzen könne, wenn man die Zinsen dann doch einmal anhebe. Die Staatsanleihenkäufe der Euro-Notenbank hält er für eine sehr riskante Strategie. Und, was wiederum den heimischen Finanzminister wenig freuen dürfte: Holzmann verlangt harte „Stresstests“ für Staaten, um aufzudecken, dass die Belastungen durch künftige Verpflichtungen wesentlich höher seien, als sich an den Budgets ablesen lässt.

Sieht nach frischem Wind aus, der da einziehen könnte. Erstaunlich, dass sich das Polit-Establishment für so viel erwartbare Unruhe entscheidet. (ju)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.08.2018)

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