Vor wenigen Tagen saß Irans Präsident Rohani in einem "Kosar" genannten Flugzeug, das komplett im Inland entwickelt worden sei. In Wahrheit war das ein leicht modifizierter Um- bzw. Nachbau einer rund 40 Jahre alten F-5F Tiger II aus den USA.
Vor wenigen Tagen war es wieder einmal so weit: Iranische Medien berichteten am Dienstag von einer Show im Vorfeld des "Nationalen Tages der Verteidigungsindustrie", bei welcher ein angeblich brandneues Kampfflugzeug namens "Kosar"oder "Kowsar" vorgestellt wurde. Die Maschine sei das erste vollständig im Inland entwickelte Kampfflugzeug, hieß es. Es handle sich gar um einen Jet der vierten Generation (die aktuell modernsten Maschinen rechnet man der 5. Generation zu) mit "fortschrittlicher Avionik". Immerhin hieß es freilich, er sei im wesentlichen nur für "kurze Unterstützungseinsätze" gedacht.
Das iranische TV zeigte unter anderem Bilder von Staatspräsident Hassan Rohani, der in dem zweisitzigen Cockpit Platz nahm, man sah das Flugzeug auch fliegen. Der Iran müsse sich gegen Angriffe anderer Staaten rüsten und die Kampfkraft seines Militärs stärken, sagte Rohani. "Wir sollten uns darauf vorbereiten, gegen Streitkräfte zu kämpfen, die unser Territorium und unsere Ressourcen übernehmen wollen." Immerhin würden sich die USA aber nicht trauen, den Iran anzugreifen: "Wegen unserer Macht, weil sie sich der Konsequenzen bewusst sind."

Nachdem Beobachter schon anhand dieser Bilder vermuten konnten, dass die "Kosar" nicht wirklich topmodern ist, dürfte mittlerweile klar sein, dass Rohani, jedenfalls seine Militärs, das Flugzeug in Wahrheit kaum ernsthaft als nennenswertes Element einer abschreckenden Macht sehen dürften: Wie der Luftfahrtexperte David Cenciotti vom Fachmagazin The Aviationist schreibt, ist diese Kosar im Grunde nichts anderes als eine teilweise modernisierte F-5F "Tiger II" des US-Herstellers Northrop - genauer gesagt ein späterer iranischer Nach- bzw. Umbau eines rund 40 Jahre alten Jets. Mit auch nur halbwegs modernen Flugzeugen kann sie sich nicht messen.
Kleines Flugzeug mit engen Ausbaumöglichkeiten
Zuvor hatte der Militärexperte Justin Bronk vom Royal United Service Institute in London gesagt, dass das "Airframe" (die Flugzeugzelle, quasi Karosserie) jenes einer praktisch unveränderten zweisitzigen F-5 sei. Das beschränke entsprechend die Möglichkeiten, den Kampfwert des Fliegers zu steigern: "Das ist ein kleines, leichtes Jagdflugzeug mit sehr kleinen Triebwerken, was schon einmal die Antriebskraft limitiert", so Bronk. "Die kleinen internen Tanks begrenzen die Reichweite, und die sehr kleine Nase begrenzt ebenso die Größe und Leistung des Radars." Diese engen strukturbedingten Leistungsgrenzen der F-5 könnten durch Updates oder Neubauten bei internen Systemen nicht oder nur wenig erweitert werden.

Cenciotti nennt die Kosar eine "ziemlich obsolete F-5F Tiger" und stützt sich auf einen iranischen Luftfahrtjournalisten: Der hatte dazu einiges auf Twitter gepostet. Demnach sei an dem Flugzeug im wesentlichen nur die Avionik neu. Diese wurzle in einer Kooperation mit den Chinesen von Anfang der 2000er-Jahre unter dem Titel "SR.II", mit der man die iranischen F-5 upgraden wollte, die aber wegen technischer Unzulänglichkeiten und Sanktionen infolge des iranischen Atomprogramms gegen 2006 beendet worden sei.
Ex-Projekt mit den Chinesen
Dann habe der Flugzeugbauer IAMI (Iran Aircraft Manufacturing Industries" das Projekt seit 2007 alleine fortgesetzt - und offensichlich erst jetzt ein altes Flugzeug mit dem neuen Technikpaket zum Fliegen gebracht.

Das leichte Kampfflugzeug F-5, das anfangs "Freedom Fighter" und in späteren Serien "Tiger II" hieß, wurde 1959 bis 1987 zu mehr als 2200 Stück gebaut und war in drei Dutzend Staaten im Dienst, darunter zeitweise in Österreich. Die F-5 fliegt in Kampfeinheiten heute noch unter anderem in Brasilien, Kenia, Marokko, Taiwan und der Schweiz, häufiger ist noch ihre Verwendung als Trainer.
Der Iran hatte vor der Islamischen Revolution 1979 eine enorme Anzahl erhalten, mehr als 300, wobei während des Zulaufs der moderneren "Tiger II"-Varianten die meisten alten Freedom Fighters an Staaten wie Äthiopien und Griechenland abgestoßen wurden. Heute dürfte die iranische Luftwaffe, Daten von "World Air Forces 2018" von FlightGlobal zufolge, noch etwa 48 aktiv im Dienst haben, 22 davon zur Ausbildung. Daneben wird das Kampfjet-Inventar auf etwa 150 Stück geschätzt, das Gros davon ist stark angejahrt, es stammt aus der Schah-Zeit.
Irans großes Ersatzteilproblem
Die Einsatzbereitschaft ist wenig bekannt und dürfte faktisch weit niedriger sein. Das hängt wesentlich mit dem Problem zusammen, dass die Beschaffung von Ersatzteilen sowie von Materialien und Geräten für Flugzeugbau und -Wartung für den Iran sanktionsbedingt schwierig ist; am ehesten sind hier Russland und China Quellen.
Der Iran hat im Übrigen mit der Präsentation von Flugzeugen zweifelhafter Einsatzbereitschaft einige Übung. Die Massenfertigung von F-5-Nachbauten namens "Saeqeh" und "Azarakhsh" etwa ist im Lauf der Jahre mehrfach verkündet worden, nahm aber nie richtig Fahrt auf.
Die geschrumpfte Tarnkappe
Als 2013 ein angebliches Tarnkappen-Kampfflugzeug namens „Qaher-313" (Eroberer) vorgestellt wurde, das einem Mix aus der amerikanischen F-117 „Nighthawk" und F-22 „Raptor" ähnelte, kamen Luftfahrtkenner zur Einsicht, dass das Ding ein flugunfähiges Modell zu Propagandazwecken war: Die Materialien wirkten billig, Oberflächen, Nähte und Montage schlampig, Instrumente im Cockpit stammten klar von zivilen Propellerflugzeugen, die Lufteinlässe der Triebwerke waren viel zu klein.
Und überhaupt: Das ganze Gerät war viel zu klein, sogar für den Piloten, der in seiner Kanzel nur so halb drinsaß und drohte, seitlich herauszukippen. Wenig später wurde ein Foto, das den Jet im Flug über verschneiten Bergen zeigt, als Photoshop-Fake enttarnt. Immerhin tauchten seither Bilder von etwas größeren Varianten auf.
