E-Autos mit 600 km Reichweite

Christian Chimani
Christian Chimani(c) Luiza Puiu
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Bessere Batterien, aber auch Leichtbau und eine Spezialisierung von Fahrzeugtypen werden schon bald die größte Beschränkung von Elektroautos beseitigen.

Das in den Augen vieler Autofahrer größte Hindernis für den Kauf eines Elektroautos ist die begrenzte Reichweite. Diese Beschränkung dürfte aber bald der Vergangenheit angehören: In fünf Jahren werden Autos mit neuen, energiesparenden Antriebstechnologien 400 bis 600 Kilometer mit einer Ladung Energie unterwegs sein können, ist Christian Chimani überzeugt. Er ist Head of Center for Low-Emission Transport am Austrian Institute of Technology (AIT), Österreichs wichtigstem außeruniversitären Forschungszentrum. In seinen Labors gibt es diese Technologien bereits; doch bis sie auch wirklich in der Praxis ankommen, werden noch einige Jahre vergehen.

Lithium & Co.

Schaffbar ist dieses Ziel nicht alleine durch die Weiterentwicklung der Batterien. Vielmehr ist eine Kombination mit anderen Technologien nötig, vor allem mit Leichtbau und einer Hybridisierung der Antriebssysteme.
Doch eines nach dem anderen. „Die Batterietechnologie entwickelt sich gerade in den letzten Jahren ganz massiv. Dadurch werden Batterien als ,enabling technology' für viele neue Lösungen zur Verfügung stehen“, so Chimani. Die Forschungsziele sind derzeit eine Erhöhung der Speicherkapazität und der Zyklenzahl, eine Reduktion des Preises und eine möglichst hohe Qualität durch eine ordentliche Produktion. Dadurch werde überdies die Sicherheit erhöht.

Die aktuelle Lithium-Ionen-Technologie werde noch länger das große Thema sein. „Derzeit ist die zweite Generation am Markt. Wir forschen an der dritten Generation, die um 2025 kommen wird.“ Bei der Weiterentwicklung gehe es zum einen um einen Ersatz von problematischen Materialien wie etwa Kobalt durch Nickel oder Mangan. Zum anderen soll die Spannung der Batterien (von derzeit 3,2 auf fünf Volt) erhöht werden, wodurch im selben Batterievolumen mehr Energie gespeichert werden kann.

Neuere Technologien können dann auch von Lithium abweichen – man nutzt dabei andere Ionen wie etwa Natrium, Aluminium oder Magnesium. Diese Technologien werden daher auch „Post-Lithium“-Batterien genannt. Sie werden aber wohl nicht vor 2030 bis 2035 auf den Markt kommen, erwartet Chimani. In der Werkstoffentwicklung sei man zwar schneller, aber die Entwicklung sicherer Produktionstechnologien sei aufwendig. Am AIT wurde zu diesem Zweck vor einigen Jahren eine „Research Pilot Line“ aufgebaut. Bei der Entwicklung der neuen Batterietypen werde übrigens stets auch gleich das Recycling mitbedacht.

Höhere Speicherdichte

Die Batterien der nächsten Generation würden eine um 20 bis 30 Prozent höhere Speicherdichte haben, sagt Chimani. Das ist freilich noch nicht genug, um die Reichweiten dramatisch zu erhöhen. Eine zweite Komponente ist der Leichtbau: Je weniger Masse bewegt werden muss, desto geringer ist der Energiebedarf dafür. Leichtere Fahrzeuge können daher mit gleichem Energieeinsatz weiter fahren. Schon heute setzt man im Fahrzeugbau Aluminium ein. In jüngster Zeit habe man auch bei Magnesium große Fortschritte gemacht. Und einen großen Trend gebe es überdies bei höchstfestem Stahl, der mit Aluminium oder Polymeren kombiniert wird, um eine solide und gleichzeitig leichte Bauweise zu ermöglichen.

Kombination von Antrieben

Aber selbst bei konsequentem Leichtbau mache es ab einem gewissen Punkt keinen Sinn mehr, immer mehr Kilogramm Batterien hineinzupacken, meint Chimani. Und hier kommt eine dritte „Zutat“ für eine höhere Reichweite ins Spiel: nämlich Kombinationen zwischen Elektromotoren und anderen Antriebssystemen – also neue Arten von Hybrid-Systemen, die je nach Einsatzgebiet eines Fahrzeuges anders aussehen können.

Chimani erwartet, dass in Zukunft in der Fahrzeugtechnologie viel stärker diversifiziert werde und eigene Fahrzeuge für den Stadt- oder Pendlerverkehr und für Langstrecken konstruiert und angeboten werden. Bei Kurzstrecken sei es auf jeden Fall sehr sinnvoll, auf reine Elektroautos zu setzen – denn diese seien mit einem Wirkungsgrad von rund 90 Prozent dramatisch effizienter als Verbrennungsmotoren, die es heute auf gerade einmal 20 bis 25 Prozent bringen.

Für Langstrecken könne man Batterien zum Beispiel mit einem hocheffizienten Gasverbrennungsmotor oder mit einer Brennstoffzelle kombinieren. Die Motoren könne man dann ständig in ihrem Effizienzoptimum betreiben (mit einem Wirkungsgrad von mehr als 40 Prozent), die nötigen Spitzenleistungen bei Lastwechseln, etwa beim Beschleunigen, könnten von Elektromotoren bereitgestellt werden. Verbrennungsmotoren könne man überdies in Zukunft vielleicht mit nachhaltigen Brennstoffen, („Green Gas“) betreiben und dadurch dekarbonisieren.

Welche Lösungen aus den vielen denkbaren Möglichkeiten sich dabei durchsetzen werden, sei derzeit offen.

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