Gold schwächelt: "Wird Ruf als Krisenwährung derzeit nicht gerecht"

Goldbarren
GoldbarrenAPA/dpa/Armin Weigel
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Der Goldpreis fällt trotz weltweiter Risiken. Ein wichtiger Grund für das schwächelnde Gold sei der Höhenflug des amerikanischen Dollar, sagt ein Experte.

Liebhaber von Gold werden in diesen Tagen nicht so recht glücklich mit ihrer bevorzugten Geldanlage. Denn das als "Krisenwährung" und "Stabilitätsanker" bekannte Edelmetall steckt selbst in der Krise.

Ob Absturz der türkischen Lira, politische Turbulenzen in Italien, Handelskonflikte, der Streit ums iranische Atomprogramm, die Nordkorea-Krise, Brexit oder Trump - Gold konnte von alldem kaum profitieren. Selbst die vielerorts anziehende Teuerung kann Gold, das als Inflationsschutz gilt, nicht puschen. Ist Gold als Fluchtwährung bei Investoren aus der Mode?

"Gold wird seinem Ruf als Krisenwährung derzeit nicht gerecht", sagt Carsten Fritsch. Der Experte von der Commerzbank, der sich täglich mit dem Goldpreis beschäftigt, spielt auf die Bilanz in diesem Jahr an. Und die fällt ernüchternd aus: Trotz zahlreicher Risiken in der Welt ist der Goldpreis seit Jahresanfang um fast zehn Prozent gesunken. Der Rekordwert von 1.921 US-Dollar, erreicht im Krisenjahr 2011, ist außer Reichweite. Zurzeit kostet eine Feinunze (31 Gramm) des Edelmetalls 1.190 Dollar (1.028 Euro). Das sind 40 Prozent weniger als zum Höhepunkt vor sieben Jahren. In den vergangenen fünf Jahren hat sich der Preis nur schleppend zwischen 1.100 und 1.400 Dollar bewegt.

Währungseffekte

Experten sind wenig überrascht, dass der Goldpreis trotz der Risiken in der Welt keinen Auftrieb bekommt und sogar sinkt. Ein wichtiger Grund für das schwächelnde Gold sei der Höhenflug des amerikanischen Dollar, sagt Jan Edelmann, Experte von der HSH Nordbank. Der Zusammenhang ist im Grunde simpel: Gold wird international in der US-Währung gehandelt. Deshalb wird das Edelmetall für viele Nachfrager teurer, wenn der Dollarkurs steigt. Dieser Effekt dämpft die Nachfrage und lässt den Goldpreis fallen.

Doch es sind nicht nur Währungseffekte, die den Goldpreis belasten. Denn Gold und der US-Dollar stehen in einer gewissen Konkurrenz zueinander. Beide gelten als sichere Häfen, die in stürmischen Zeiten angesteuert werden. Der Dollar ist jedoch ein mächtiger Konkurrent: Volkswirte des britischen Analysehauses Capital Economics zeigen, dass der Goldpreis selbst in Krisenzeiten nur dann zulegen kann, wenn zugleich der Dollar schwächelt. Das bedeutet: Gold wird von vielen Anlegern offenbar nur dann als sicherer Hafen angesteuert, wenn zugleich die Weltreservewährung US-Dollar als Absicherung weniger gefragt ist.

Gold wirft keine Zinsen ab

Eng verbunden damit ist ein anderer Belastungsfaktor: das Zinsniveau. Denn so schön Gold auch glänzen mag, es hat einen gravierenden Nachteil gegenüber anderen Finanzanlagen - es wirft keine Zinsen ab. Konkurrenz erwächst Gold hier vor allem durch amerikanische Staatsanleihen. Die werfen nicht nur regelmäßig Zinsen ab. "Anleger betrachten Staatsanleihen der USA auch als sicheren Hafen allererster Wahl", sagt Commerzbank-Experte Fritsch. Steigen - wie derzeit in den USA - die Zinsen, fällt der Nachteil der zinslosen Goldanlage stärker ins Gewicht, das Edelmetall wird weniger lukrativ.

Und es gibt weitere Gründe für die Gold-Schwäche. Experte Edelmann verweist etwa auf die Kursschwäche von Währungen vieler aufstrebender Volkswirtschaften. Schwellenländer, nicht zuletzt die krisengeschwächte Türkei, sind große Gold-Nachfrager. Geben deren Währungen nach, sinkt auch die Gold-Nachfrage von dort. Experte Fritsch kann sich zudem vorstellen, dass sich bei Anlegern eine Art "Krisen-Müdigkeit" eingestellt hat: "Man muss sich nur die steigenden Kurse am US-Aktienmarkt vor Augen führen. Von Krisenstimmung kann im Grunde keine Rede sein." Infolge der Flut an Hiobsbotschaften könnten Anleger schlicht abgestumpft sein - und deshalb weniger Gold kaufen.

Auch wenn offensichtlich wenig für eine rasche Gold-Renaissance spricht - komplett schwarz sehen Fachleute für das Edelmetall nicht. Zumindest das Gröbste der Talfahrt sei überstanden, meint Experte Edelmann. Sein Kollege Fritsch argumentiert grundsätzlich: "Gold hat seinen Status als Krisenschutz nicht verloren. Vielmehr ist die Krisenstimmung noch nicht ausgeprägt genug, damit Gold profitiert." Ein Lichtblick sei gerade in der extrem negativen Marktstimmung gegenüber Gold zu sehen. "Zurzeit wetten so viele Anleger gegen Gold wie noch nie." Sollte sich zeigen, dass diese Wetten nicht aufgehen, der Goldpreis also plötzlich steige, müssten sich die Spekulanten mit Gold eindecken. Das würde dem Goldpreis zugute kommen.

(APA/dpa)

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