Absolventen der Diplomatenakademie fordern wegen Putin Hausverbot für Kneissl

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In einem Offenen Brief heißt es, die Außenministerin möge nicht mehr in das altehrwürdige Haus an der Wiener Favoritenstraße eingeladen werden: ihr Handeln sei nicht mit den Werten der Akademie vereinbar. Kneissl verteidigte sich erstmals öffentlich.

In einem Offenen Brief haben sich Absolventen der Diplomatischen Akademie (DA) in Wien gegen Außenministerin Karin Kneissl (FPÖ) gewandt. Dass sie den russischen Präsidenten Wladimir Putin zu ihrer Hochzeit eingeladen und dabei ihre "enge Freundschaft" mit Putin zur Schau gestellt habe, sei nicht mit den Werten der DA vereinbar. Deshalb ersuche man die Leitung der Akademie, künftig auf Kneissl zu verzichten. Die Außenministerin war Lehrbeauftragte an der DA.

Die Absolventen wollen mit dem Schreiben die Führung der DA dazu anregen, eine Verbindung mit der Haltung Kneissls zu vermeiden. Deswegen rufe man dazu auf, die Ministerin nicht mehr zu Lehrveranstaltungen oder Veranstaltungen von oder in der DA einzuladen - so lange sie im Amt sei. Unterzeichnet wurde der Text von internationalen Absolventen der Schule, von denen einige allerdings auch forderten, Kneissl möge zu einer Diskussion zu dem Thema gebeten werden.

Um "guten Ruf" besorgt

In dem ausführlichen Schreiben an Direktor Botschafter Emil Brix, das die Absolventen auf Facebook teilten, bezeichnen "die von Ministerin Kneissl in Richtung Präsident Putins demonstrierte Nähe" als Abrücken von der Neutralität Österreichs. Man wisse, dass Putin zwar eine private Einladung akzeptiert habe, aber: "Ministerin Kneissl hat ausreichende diplomatische Erfahrung um zu wissen, dass seine Teilnahme als auch die unterwürfige Geste von Ministerin Kneissl zu einem unwiderlegbarem politischen Statement werden würde." Kneissls Verhalten würde direkt negativ auf die DA zurückfallen. Als Stakeholder des "guten Rufs der DA" könne man dies nicht ignorieren.

Die Absolventen verwiesen auf die Lage der Menschenrechte, Pressefreiheit und Demokratie in Russland; Werte, die den Absolventen der DA mitgegeben würden, seien in Putins Russland "Fiktion". Zudem habe seine Regierung Bereitschaft gezeigt, europäische Demokratien zu unterminieren. "Österreich, so scheint es zu einem gewissen Grad, färbt autokratische und imperialistische Staatsführung schön", heißt es im Schreiben.

Auffassungsgraben zwischen Volk und Diplomaten

Unterdessen zeigt sich allerdings, dass die Diplomaten in spe (viele Absolventen gehen allerdings auch in die Wirtschaft und andere Bereiche) mit ihrer Meinung nicht so recht am Puls des Volkes sind: Laut einer  Meinungsumfrage im Auftrag des Magazins "Profil" hielten fast die Hälfte der Befragten - 46 Prozent - die Position Österreichs hinsichtlich Russlands inklusive der Einladung Putins in die Südsteiermark durch Kneissl für okay bzw. "gerade richtig", wie es exakt heißt. Nur 33 Prozent sagten demnach, Wien solle stärker auf Distanz zu Moskau gehen.

Kneissl: Einladung "absolut spontan"

Kneissl selbst verteidigte sich unterdessen am Samstag im Ö1-"Morgenjournal" des ORF-Radios erstmals öffentlich. Dabei bejahte die Ministerin, dass die Einladung "absolut" spontan erfolgt sei. Ein engeres Verhältnis zu Putin habe sie nicht. Das Ansehen Österreichs in der EU sieht Kneissl nicht belastet.

Anfang Juni habe Kneissl "Kollegen in der Regierung, auch natürlich den Bundespräsidenten eingeladen, weil sich das gehört". Am Abend des 5. Juni, als der russische Staatschef in Wien zu Besuch war, habe sie spontan auch ihm gegenüber eine Einladung ausgesprochen, "auch im Sinne eines 'Ich darf Ihnen meinen Verlobten vorstellen'", wie sie erklärte. Am 19. Juli habe sie dann von der Zusage Putins erfahren, womit sie "wirklich nicht gerechnet" hätte.

Trotz der hohen Sicherheitsvorkehrungen, die der Besuch Putins erfordert habe, habe man die Hochzeit weiterhin als private Feier konzipiert. Die Vermählung am 18. August sei dann "eine wirklich schöne Feier" gewesen, die auch positive Nebeneffekte für den österreichischen Tourismus gehabt habe. "Die Berichterstattung war ja nicht nur negativ, die hat einfach gezeigt, so feiert man in Österreich eine Hochzeit, hat schöne Landschaftsbilder gezeigt", sagte Kneissl. Vor allem russische Medien berichteten extensiv über die Hochzeit.

Knicks beim Tanz: "Unterwerfe mich nicht"

Kritik an ihrem Knicks am Ende des Tanzes mit Putin trat Kneissl vehement entgegen. "Wenn Sie eine Balleröffnung gesehen haben, dann haben Sie immer wieder gesehen, dass es diesen Knicks gibt am Ende", erklärte sie. "Der russische Staatspräsident hat sich zuvor verbeugt, und ich habe diese Verbeugung beantwortet mit einem Knicks. Der wurde dann in den Kommentaren als Unterwerfungsakt, als Kniefall dargetan. Und wer mich kennt, weiß, dass ich mich niemandem unterwerfe."

Eine längere Beziehung oder gar Freundschaft verbinde sie mit Putin nicht. "Freundschaft, so etwas entsteht nicht so schnell. Wir hatten einige interessante Gespräche, er hat sich für meine Sichtweise auf bestimmte Entwicklungen im Nahen Osten interessiert, die haben wir geteilt", sagte Kneissl. Sie vertrete den Standpunkt, dass persönlicher Kontakt mit Entscheidungsträgern letztlich helfe, "um gerade in verfahrenen Situationen, und die haben wir zweifellos mit Russland aus verschiedensten Gründen, eine Vertrauensbasis herzustellen".

Befürchtungen, Kneissl könnte Österreich in Hinblick auf eine gemeinsame Russland-Politik in der EU isolieren, ließ sie nicht gelten: "Ich habe keine Aussage jetzt gehört von einem maßgeblichen EU-Außenminister oder von irgendeiner anderen politischen Seite", erläuterte sie. Sie habe einen guten Kontakt zum britischen Außenminister Jeremy Hunt, demnächst treffe sie US-Außenminister Mike Pompeo. "Das heißt, wir arbeiten in alle Richtungen", sagte sie.

(Red./APA)

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