Soldaten an die EU-Außengrenze

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Verteidigungsminister Kunasek will EU-Partner von militärischen Assistenzeinsätzen zur Kontrolle der illegalen Migration überzeugen.

Wien. Österreichische Soldaten, die in Griechenland die Grenze zur Türkei kontrollieren oder gar in Nordafrika Asylzentren absichern: Verteidigungsminister Mario Kunasek (FPÖ) will diese Woche bei einem informellen Ratstreffen in Wien seinen EU-Amtskollegen ein Konzept zu militärischen Assistenzeinsätzen an den EU-Außengrenzen und in Drittstaaten präsentieren. Ein Teil dieser Pläne wurde im Verteidigungsministerium bereits unter seinem Vorgänger, Hans Peter Doskozil (SPÖ), entwickelt. Dieser wollte das Modell von Assistenzeinsätzen bereits 2017 in die EU exportieren.

Nach der Ankündigung, den EU-Vorsitz unter das Hauptthema Migration zu stellen, versucht die Regierung, bei den ersten beiden EU-Treffen im September konkrete Vorschläge vorzulegen. Das betrifft auch den informellen Rat der EU-Außenminister am Donnerstag und Freitag, bei dem es unter anderem um die Lage in den Herkunfts- und Transitländern der Flüchtlinge – Syrien und Libyen – gehen wird.

Hilfe für Frontex

Laut dem Vorschlag des Verteidigungsministers sollen Soldaten aus allen Mitgliedstaaten künftig die EU-Grenzschutzagentur Frontex, deren Personal bis 2020 auf 10.000 Beamte ausgebaut werden soll, unterstützen. Etwa in den Bereichen Logistik, Transport und Aufklärung könnten Einsätze an einzelnen Abschnitten der EU-Außengrenze durch nationale Armeeangehörige verstärkt werden. Aber auch ein Einsatz von Soldaten direkt an den Grenzen zur Kontrolle der illegalen Migration wird in Kunaseks Plan angedacht.

Ausgeweitetes Mandat

Damit solche Einsätze rechtlich möglich werden, schlägt das vorbereitete Papier des Verteidigungsministers eine Ausweitung des bestehenden Mandats für die Gemeinsame Sicherheits und Verteidigungspolitik (GSVP) der EU vor. Neben internationalen Einsätzen zur Friedensschaffung und Friedenserhaltung sollen die Aufgaben auf eine Bekämpfung der illegalen Migration und des Grenzschutzes ausgeweitet werden. Eine Vermischung von polizeilichen und militärischen Aufgaben war allerdings bisher in der EU durchaus umstritten. Kunaseks Vorgänger Doskozil fand bei seinem Vorstoß für eine zivil-militärische Zusammenarbeit insbesondere im Grenzschutz bei seinen Amtskollegen wenig Begeisterung.

Nationale Kontrollen

Auf Widerstand könnte Kunasek auch bei einem weiteren Punkt seines Plans stoßen: Er will für eine militärische Unterstützung von „nationalen Grenzraumkontrollen“ werben. Sie sollen so lang aufrechterhalten bleiben, bis der Grenzschutz an den EU-Außengrenzen „wirklich funktioniert“. Damit würden die bilateralen Kontrollen nicht auslaufen, sondern vorerst sogar militärisch verstärkt. Sowohl der EU-Kommission als auch einzelnen Mitgliedstaaten gehen die Grenzkontrollen innerhalb der EU schon jetzt zu weit. Sie argumentieren, dass sich die Flüchtlingsströme bereits deutlich reduziert hätten. Österreich und Deutschland wurde schon mehrfach von der EU-Kommission erlaubt, ihre temporäre Ausnahme zum Schengen-Abkommen über den Wegfall von Grenzkontrollen zu verlängern. Im Fall von Österreich sollten die Kontrollen an den Grenzen zu Ungarn und Slowenien aber eigentlich am 11. November auslaufen.

Bilaterale Hilfe

Um den Grenzschutz der EU zu verbessern, sieht Kunaseks Konzept auch „Assistenzleistungen“ für besonders betroffene EU-Länder vor. Partnerstaaten sollen auch gemeinsam beim Aufbau ihrer Grenzschutzkapazitäten unterstützt werden.

Aktion in Drittstaaten

Um den Migrationsstrom aus Nordafrika einzudämmen, will Kunasek auch für diese Region militärische Assistenzeinsätze vorsehen. Offen ist, ob dort europäische Soldaten nur für die Sicherheit in Asylzentren sorgen oder sogar eine Weiterreise von Migranten verhindern sollen. Vorgesehen ist ein Einsatz freilich nur, wenn die betroffenen Länder ihm zustimmen. In die EU-Westbalkan-Strategie will der Verteidigungsminister ebenfalls den Kampf gegen illegale Migration miteinbeziehen. Ziel ist der verstärkte Grenzschutz entlang der Westbalkanroute.

Vertreter der EU-Beitrittskandidaten auf dem Westbalkan – Albanien, Montenegro, Mazedonien und Serbien – sind auch zum Treffen der EU-Außenminister am Freitag nach Wien eingeladen. Österreich will sich im Rahmen seines Ratsvorsitzes für eine EU-Annäherung dieser Länder einsetzen. Eingeladen ist auch ein Vertreter der Türkei, deren Beitrittsverhandlungen derzeit auf Eis liegen. Die EU-Außenminister werden sich neben der aktuellen Lage in den Krisenherden des Nahen Ostens auch mit den transatlantischen Beziehungen – insbesondere mit dem Konflikt um das Iran-Abkommen – beschäftigen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.08.2018)

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