Über Pinkl und das öffentliche Auspeitschen

Eine Bank, die am Boden liegt – und dafür zwei Millionen Euro Abfertigung: Ist das gerechtfertigt? Ja.

Franz Pinkl möchte man derzeit nicht sein. Alles, was an Boni und Managerverträgen schlecht ist, wird dem scheidenden Hypo-Chef umgehängt. Pinkl ist zum Aushängeschild des gierigen Firmenchefs geworden, der eine Bank in Grund und Boden fährt und dafür noch viel Geld kassiert. Dass er auf zwei Millionen Euro verzichtet, genügt sicher nicht. Besser, wir peitschen ihn öffentlich aus – auf der Freyung in Wiens Innenstadt, live übertragen vom ORF.

Relativieren wir einmal den durchaus verständlichen und nachvollziehbaren Volkszorn. Franz Pinkl hatte einen Vertrag, und dieser Vertrag lief über fünf Jahre. In dem Konvolut findet sich eine Passage, derzufolge er bei einem Wechsel des Eigentümers aus der Hypo ausscheiden kann – bei Fortzahlung seiner Bezüge. Von diesem Passus macht er nun Gebrauch und könnte mit vier Millionen Euro nach Hause marschieren. Er macht es nicht, sondern stimmt einer Halbierung zu. Hätte er auf Erfüllung seines Vertrages beharrt, hätte er rechtlich vermutlich gewonnen.

Man kann nun darüber diskutieren, ob man jemandem, der schon die Volksbanken AG – sagen wir einmal nicht unbedingt hervorragend geführt hat, einen solchen Vertrag geben soll. Faktum aber ist, dass er eben diesen Vertrag von einer (damals) privatwirtschaftlich geführten Firma bekommen hat.

Was für ein Vorbild der Staat abgibt, wenn er aus Populismus rechtlich verbindliche Verträge infrage stellt, lassen wir einmal dahingestellt. Wobei: Das Prinzip des Vertrauensschutzes dem Staat gegenüber gilt ohnehin schon lange nicht mehr.

Wie sehr sich die Politik vor der Erfüllung von Verträgen fürchtet, zeigt das Beispiel des Vorstandssprechers des Wiener Flughafens: Herbert Kaufmann hätte diesen Montag eigentlich wegen – sagen wir einmal übersichtlichen Geschäftserfolgs abgelöst werden sollen. Wurde er aber nicht, weil die Wiener SPÖ vor der Gemeinderatswahl nicht eine Diskussion um dessen Abfindung haben wollte. Man hätte ihm seinen Vertrag, den man erst 2009 verlängert hatte, bis 2014 auszahlen müssen. Weit mehr als eine Million Euro hätte Herr Kaufmann kassiert. Jetzt muss er halt noch ein paar Monate arbeiten, bis die Wien-Wahl vorbei ist.

Die nüchterne Frage, die man in dieser hitzigen Diskussion stellen muss, lautet ganz banal: Warum vergibt man solche Verträge, wenn man sich dann geniert, sie zu erfüllen? Warum verlängert man Kaufmanns Vertrag, um nur ein Jahr später draufzukommen, dass man ihn eigentlich loswerden möchte? Haben wir da gerade „Parteienproporz“ gehört? Freunderlwirtschaft? Großkoalitionäre Abmachungen?

Tatsächlich zeigt sich hier die hässliche Fratze der staatlichen Einflussnahme auf die Wirtschaft. Wir haben es erneut bei der Neubesetzung des Hypo-Vorstandes in Kärnten gesehen. Dutzende Manager haben sich beworben und am Ende lächerlich gemacht, weil SPÖ und ÖVP schon lange im stillen Kämmerchen ausgemacht haben, wer welchen Job bekommt.

Damit hat man sich international wieder einmal einen hervorragenden Ruf erworben. Man hat bewiesen, dass es bei Besetzungen in Österreich nach wie vor auf das richtige Parteibuch oder die Beziehungen ankommt. Ein solches Verhalten ist nicht nur peinlich und ärgerlich, man macht damit auch die vier Herren schlecht, die jetzt die schwer angeschlagene Bank sanieren sollen. Und das haben sich Gottwald Kranebitter und Co. wirklich nicht verdient.

Etwas hat man immerhin gelernt: Die neuen Vorstände haben einen Vertrag, der einen Bonus tatsächlich nur im Erfolgsfall vorsieht. Je mehr sie beim Verkauf der Bank herausholen, umso mehr erhalten sie– bis zu 100 Prozent eines Jahresgehalts, wenn der Bund alle Zuschüsse zurückbekommt. Das ist ein nachvollziehbarer Vertrag.


Wenn die Politik aus den Diskussionen um Hypo, Pinkl und Abfertigungen etwas Positives machen will, dann könnte sie eine gesetzliche Neuregelung für die ausufernden Bonuszahlungen angehen. Selbst im Mutterland des Kapitalismus, in den USA, hat man den Kampf gegen die „unanständigen Boni“ (Barack Obama) aufgenommen. Niemand versteht, warum jemand dicke Prämien kassieren kann, wenn seine Firma zugleich Verluste einfährt. Und niemand versteht, dass Boni Ausmaße annehmen, die das Lebenseinkommen eines durchschnittlichen Angestellten überschreiten.

Darum sollten sich SPÖ und ÖVP kümmern, dann hätte die populistische Erregung vielleicht auch einmal etwas Gutes.

Die Pläne des neuen Hypo-Chefs Seite 19

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.03.2010)

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