Neues Arbeitszeitgesetz: Zahlreiche Gleitzeit-Klauseln strittig

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Es gibt Gleitzeit-Vereinbarungen, die die tägliche Arbeitszeit auf zehn Stunden begrenzen. Offen ist, ob und unter welchen Umständen diese weiter gelten.

Kurz vor Inkrafttreten des neuen Arbeitszeitgesetzes mit 1. September gibt es noch offene Fragen. "Es herrscht ein hoher Grad an Rechtsunsicherheit", sagte Arbeiterkammer-Experte Christian Dunst am Dienstag zur APA. Für Fragen der Unternehmer hat die Wirtschaftskammer eine Gratis-Hotline zur neuen, flexiblen Arbeitszeit eingerichtet, bei der jetzt, kurz vor Inkrafttreten, der Andrang wieder steigt.

Aus der Sicht von Dunst ist unklar, wie das im Gesetz verankerte Ablehnungsrecht der elften und zwölften Arbeitsstunde in der Praxis aussieht und ob bei Gleitzeit die Überstundenzuschläge tatsächlich nicht wegfallen, wie von der Regierung beteuert.

Was das neue Arbeitszeitgesetz für das einzelne Unternehmen bedeutet, sei höchst unterschiedlich, weil die Kollektivverträge und etwaige Gleitzeitvereinbarung weitergelten, erklärte Dunst. "Wir werden genau darauf schauen, dass alle Regeln eingehalten werden."

So gibt es Gleitzeit-Vereinbarungen, die die tägliche Arbeitszeit auf zehn Stunden begrenzen. Offen ist, ob und unter welchen Umständen diese weiter gelten, wenn das Gesetz nun zwölf Stunden erlaubt. Rolf Gleißner, Arbeitsrechtsexperte in der Wirtschaftskammer, bestätigte, dass es bei den Gleitzeit-Formulierungen in Kollektivverträgen oder Betriebsvereinbarungen unterschiedliche rechtliche Standpunkte gibt.

Die ÖVP-FPÖ-Regierung hatte im Juli beschlossen, die gesetzlichen Höchstarbeitszeiten auf 12 Stunden täglich und 60 Stunden wöchentlich zu erhöhen. Wie viele Unternehmen die neuen Möglichkeiten aber schon im September ausschöpfen werden, sei unmöglich einzuschätzen, hieß es sowohl von Arbeiter- als auch Wirtschaftskammer.

Hauptsächlich Büroangestellte betroffen

Nach Einschätzung des Rosenbauer-Chefs Dieter Siegel treffen die längeren Arbeitszeiten vor allem Büro-Mitarbeiter. "Bei uns betrifft der neue Zwölf-Stunden-Tag eher die Angestellten", so der Vorstandsvorsitzende des Feuerwehrausrüsters. "Bei unseren Konstrukteuren, Controllern und dem Vertriebsinnendienst musste bisher die Grenze von maximal zehn Stunden am Tag eingehalten werden", erklärte Siegel. "Die Mitarbeiter haben dann nach zehn Stunden ein Email bekommen, dass sie nach Hause gehen müssen. Künftig steht in dem Email nur noch, dass sie bedenken sollen, dass sie schon zehn Stunden da sind."

Der oberösterreichische Motorradhersteller KTM hat vergangene Woche mitgeteilt, 100 Leiharbeiter fix angestellt zu haben. "Dies ist die positive Folge der Gesetzesänderung zur Arbeitszeitflexibilisierung", lobte KTM. Laut "Kurier" werden auch bei Magna Steyr im September bis zu 100 Leiharbeiter ins Stammpersonal übernommen.

(APA)

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