Jedem Dorf sein eigener Steuersatz

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Nicht nur die Bundesländer, sondern auch die Gemeinden sollen selbst Steuern einheben können. Das empfiehlt die Agenda Austria. So würde Steuergeld effizienter eingesetzt werden.

Wien. Das Thema Steuerautonomie der Länder sorgt wieder für Diskussionen. Angestoßen wurde die Debatte vor Kurzem vom Tiroler Landeshauptmann, Günther Platter (ÖVP). Auch die ÖVP-Landeshauptleute in Oberösterreich und Niederösterreich sind dafür. In der SPÖ gibt es dazu unterschiedliche Meinungen. Der Thinktank Agenda Austria kommt nun in einer Studie zum Ergebnis, dass nicht nur die Bundesländer, sondern auch die Gemeinden mehr Steuerautonomie haben sollten. Derzeit zählt Österreich innerhalb der Industriestaatenorganisation OECD zu den Schlusslichtern, was die Steuerhoheit von Ländern und Gemeinden betrifft (siehe Grafik).

Das österreichische System sei „geradezu für Geldverschwendung prädestiniert“, sagt Agenda-Austria-Ökonomin Monika Köppl-Turyna. Denn während die Bundesländer ihre Ausgaben mit nicht einmal drei Prozent über eigene Steuern finanzieren, gehen fast 17 Prozent der Staatsausgaben auf ihr Konto. Damit existiere laut Köppl-Turyna der österreichische Föderalismus hauptsächlich auf der Ausgabenseite. Kommt es hingegen zu einem innerösterreichischen Steuerwettbewerb, seien positive Effekte auf das Wirtschaftswachstum zu erwarten.

Laut Köppl-Turyna eignen sich für den Steuerwettbewerb am besten die Lohn- und Einkommen- sowie die Körperschaftsteuer. Derzeit erhält der Bund alle Einnahmen aus der Lohn- und Einkommensteuer. Ein Fünftel dieses Betrages (derzeit rund sechs Mrd. Euro) fließt an die Länder zurück.

Die Agenda Austria schlägt vor, dass der Bund die Einkommensteuerbelastung um diese sechs Milliarden Euro reduziert. Die Länder können über eine landesspezifische Steuer diesen Betrag selbst einheben. Laut der Modellrechnung würde dann jedes Bundesland anfangs zum Ausgleich eine Steuer von 7,3 Prozent einheben. Das bedeutet, dass Wien, Niederösterreich und Vorarlberg mehr aus diesen Steuern einnehmen, als sie jetzt über den Finanzausgleich bekommen. Oberösterreich und Salzburg würden minimal verlieren, deutlichere Rückgänge gäbe es in der Steuermark, im Burgenland und in Kärnten.

In weiterer Folge hat jedes Bundesland die Möglichkeit, den Steuersatz zu verändern, um beispielsweise Betriebe und Arbeitnehmer anzulocken. Wegfallende Steuereinnahmen können durch den Zuzug von Steuerzahlern oder durch Einsparungen kompensiert werden. Gleichzeitig schlägt die Agenda Austria einen überarbeiteten Finanzausgleich wie in der Schweiz vor. Damit sollen finanziell schwächere Bundesländer unterstützt werden.

Schweiz als Vorbild

Die Agenda Austria ist dafür, dass ein ähnliches System auch auf Gemeindeebene eingeführt wird. Als Vorbild werden Länder wie die Schweiz, Belgien, Dänemark und Schweden genannt. Dort können die Gemeinden einen lokalen Zuschlag auf die bundesweite Einkommensteuer erheben.

Falls auch in Österreich die Gemeinden dazu die Möglichkeit bekommen, und falls gleichzeitig verschiedene Transfers an die Gemeinden wegfallen, würden nach Berechnungen der Agenda Austria in 254 Gemeinden die Steuersätze zu Beginn um durchschnittlich 0,1 Prozentpunkte steigen.

In den restlichen 1845 Gemeinden würden die Steuersätze um durchschnittlich 0,7 Prozentpunkte sinken. Überdurchschnittlich stark steigen würden die Steuersätze in Neudau (0,91 Prozentpunkte), Radfeld (0,4 Prozentpunkte) und Maria Enzersdorf (0,28 Prozentpunkte). An der Spitze der Gemeinden mit niedrigen Steuersätzen liegt Eschenau im Hausruckkreis (minus 10,38 Prozentpunkte), gefolgt von Bildstein (minus 5,89 Prozentpunkte).

Der Vorteil dieses Modells ist laut Agenda Austria, dass schwächer entwickelte Gemeinden in weiterer Folge ihre Steuersätze tendenziell stärker absenken würden, um im Wettbewerb mehr Kapital und Einkommen anziehen zu können. (höll)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.08.2018)

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