Nach den heftigen Krawallen bleibt in der sächsischen Stadt die Fassungslosigkeit. Und die Frage, wie es so weit kommen konnte. Ein Besuch.
Chemnitz. Am Dienstagnachmittag, nach den Nazi-Parolen, den wütenden Protesten, der Pyrotechnik, bleiben in Chemnitz vorerst jene übrig, die trauern. Eine junge Frau lehnt an einem Baum am Rande der Brückenstraße, Tränen im Gesicht. Eine andere bückt sich zu dem Meer aus Teelichtern und Blumen auf dem Asphalt, sie hat selbst eine Kerze mitgebracht. Vorsichtig stellt sie sie neben einen Zettel, auf dem „Ruhe in Frieden“ steht. Nach ein paar Minuten geht sie weiter. Zu viele Kameras, zu viel Aufmerksamkeit, um in Ruhe zu gedenken.
Hier, nahe dem Karl-Marx-Monument, hielten in den vergangenen Tagen und Stunden nicht nur jene inne, die Daniel H. gekannt haben. Jenen 35-Jährigen, der in der Nacht auf Sonntag an dieser Stelle tödlich verletzt wurde. „In Ehren verstorben“ steht unter anderem in blauer Schrift auf weißem Wachs. Ein Mann blickt auf – Glatze, schwarze Hose, schwarzes T-Shirt – und murmelt etwas von einem Onlineaufruf und einer Petition, so könne das alles nicht mehr weitergehen. Einem Kamerateam, das sich in der Nähe befindet, droht er.