Den Türken fehlt das Vertrauen in die Lira

Symbolbild.
Symbolbild. (c) APA/AFP/OZAN KOSE (OZAN KOSE)
  • Drucken

Die Türkische Lira fällt wieder. Diesmal kommt der Abverkaufsdruck offenbar aus dem Land selbst. Die Türken glauben nicht, dass die Regierung von Präsident Erdoğan die Probleme in den Griff bekommen kann.

Istanbul/Wien. Nach einer eher ruhigen Woche ging es für die türkische Landeswährung Lira in den vergangenen Tagen wieder bergab. Die Lira hat in dieser Woche gegenüber dem Dollar schon drei Prozent verloren. Seit Jahresbeginn beläuft sich der Verlust auf fast 40 Prozent. Mittwochfrüh stand der Wechselkurs bei 6,37 Lira pro Dollar (und bei 7,43 Lira pro Euro)

Für den erneuten Fall des Kurses brachten Beobachter die Abwesenheit echter Maßnahmen seitens der Politik ins Treffen. Was Anleger aber besonders nervös macht: Es sind jetzt eindeutig die Türken selbst, die der Währung und damit der Wirtschaftspolitik der Regierung von Präsident Recep Tayyip Erdoğan das Vertrauen entziehen. „Der Verkaufsdruck ist vor allem lokal sehr stark“, sagte Analyst Cristian Maggio, Chef der Schwellenländerabteilung bei TD Securities in London am Dienstag zu Bloomberg. „Die Ausländer haben zwar eine negative Einstellung zur Lira, warten aber eher auf taktische Optionen, um Positionen einzugehen. Die Türken haben aber offenbar eine langfristig sehr negative Einstellung gegenüber der eigenen Währung.“

Die Lirakrise in der Türkei wurde einerseits durch Streitereien zwischen Ankara und Washington ausgelöst. Die Probleme gehen aber tiefer. Präsident Erdoğan hat sich lange gegen eine Zinsanhebung gestellt. Das hat die Inflation und die Wirtschaft überhitzen lassen und gleichzeitig das Vertrauen der globalen Investoren in die Unabhängigkeit der Notenbank untergraben.

Die USA haben zudem Sanktionen gegen die Türkei verhängt, nachdem dort ein amerikanischer Pastor eingesperrt worden war. Zudem wurde eine Untersuchung gegen die türkische Halkbank eingeleitet. Diese habe die Sanktionen gegen den Iran umgangen, heißt es. Die Bank wehrt sich gegen den Vorwurf. Alle Transaktionen seien legal gewesen. Ein dritter Streitpunkt zwischen den Nato-Verbündeten sind angebliche Pläne Ankaras, russische Militärsysteme zu kaufen.

Präsident Erdoğan sieht die Türkei als Opfer eines „Wirtschaftskrieges“ von „ausländischen Mächten“. „Sie haben den Dollar, wir haben Allah“, sagte er auf dem Höhepunkt der Krise zu seinem Volk. Inzwischen hat sich auch Frankreich eingeschaltet. Finanzminister Bruno Le Maire traf am Montag sein türkisches Gegenüber, Berat Albayrak, in Paris. Albayrak ist auch Erdoğans Schwiegersohn. Frankreichs Finanzminister drängte ihn zur Umsetzung ökonomischer Reformen. (ag./jil)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.08.2018)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Österreich

Türkische Notenbank kämpft mit Kreditlimits gegen Lira-Verfall

Die Lira ist heuer gegenüber dem Dollar um 41 Prozent abgesackt und ist damit zusammen mit dem argentinischen Peso bei den weltweiten Währungen das Performance-Schlusslicht. Die türkische Zentralbank versucht, gegenzusteuern.
Geld & Finanzen

Türkische Lira weiter unter Druck

Der Kursrutsch der türkischen Lira hat sich am Dienstag fortgesetzt.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.