Chemnitz: Eklat um Haftbefehl auf rechten Webseiten

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Der Haftbefehl gegen den mutmaßlichen irakischen Messerstecher wurde im Internet verbreitet - Berichten zufolge auch von Pegida-Mitgründer Lutz Bachmann.

Nach der Veröffentlichung des mutmaßlichen Haftbefehls gegen einen der Tatverdächtigen im Fall Chemnitz hat die Staatsanwaltschaft Dresden Ermittlungen eingeleitet. Der Vorfall müsse "schnellstens aufgeklärt und die notwendigen strafrechtlichen Konsequenzen gezogen werden", teilte das sächsische Justizministerium am Mittwoch in Dresden mit.

Zuvor hatte die rechtspopulistische Organisation Pro Chemnitz den
mutmaßlichen Haftbefehl gegen einen der Beschuldigten ins Netz
gestellt. Das Dokument tauchte dann Medienberichten zufolge
teilweise geschwärzt auch auf anderen Portalen auf und wurde unter
anderem von Pegida-Mitbegründer Lutz Bachmann verbreitet.

In dem Dokument werden demnach die Namen des Opfers, der
Richterin und Einzelheiten zu den mutmaßlichen Tätern genannt. Zudem
werde beschrieben, wie oft auf das Opfer eingestochen worden war.
Der Eintrag wurde inzwischen wieder gelöscht.

"Pro Chemnitz" schrieb auf seiner Facebookseite: "Die
Veröffentlichung des Haftbefehls verstößt angeblich gegen
Facebook-Richtlinien und wurde von der 'Internetpolizei' gelöscht."
Woher das Dokument stammte, war unklar. Nach Angaben der rechten
Organisation wurde dieser der Haftbefehl "zugespielt".

Nach der Tötung eines 35-jährigen Deutschen am Wochenende in
Chemnitz sitzen zwei verdächtige Männer aus Syrien und dem Irak in
Untersuchungshaft. Der Fall war Auslöser für Demonstrationen und
gewalttätige Auseinandersetzungen am Sonntag und Montag in der
sächsischen Stadt.

"Ungeheuerlicher Vorgang"

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) bezeichnete
im Mitteldeutschen Rundfunk die Veröffentlichung des Dokuments im
Internet als Straftat und sicherte Aufklärung zu. Sachsens
stellvertretender Ministerpräsident Martin Dulig (SPD) sprach in dem
Sender von einem "ungeheuerlichen Vorgang".

Die Linke im sächsischen Landtag forderte eine Sondersitzung des
Verfassungs- und Rechtsausschusses im Parlament. Die
Veröffentlichung des Haftbefehls gegen einen der Beschuldigten sei
eine "neue Dimension des Angriffs auf den Kernbereich der
Rechtspflege, auf Essentials für das Funktionieren des
Rechtsstaats".

Damit sei nicht nur ein Straftatbestand erfüllt, sondern auch
eine "neue Eskalationsstufe im Schüren pogromartiger Stimmung
gegenüber Migranten unter skrupelloser Ausnutzung des tragischen
Tods eines jungen Manns" erreicht, erklärte der Vorsitzende des
Verfassungs- und Rechtsausschusses, Klaus Bartl (Linke).

Sachsens stellvertretender Ministerpräsident Martin Dulig (SPD) hatte die Veröffentlichung als Skandal bezeichnet. Im Mitteldeutschen Rundfunk (MDR) sprach er am Mittwoch von einem "ungeheuerlichen Vorgang"." Die Polizei müsse gestärkt werden, damit sich ein solcher Vorgang nicht wiederhole.

(APA)

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