EZB: Kandidaten im Rennen um den Chefposten

Die nächstes Jahr anstehende Nachfolge für EZB-Präsident Mario Draghi dürfte kompliziert werden. Offiziell stehen zwar noch keine Kandidaten fest. Es kursieren aber bereits mögliche Anwärter für die Spitzenposition in der europäischen Geldpolitik, überwiegend Notenbankchefs aus den einzelnen Euro-Ländern. Ein Überblick:

Zur Zeit der Eurokrise stemmte sich der promovierte Ökonom immer wieder gegen Beschlüsse der EZB, die ihre Geldpolitik massiv lockerte. Vorbehalte hatte er unter anderem gegen die groß angelegten Staatsanleihenkäufe. Dies brachte dem ehemaligen Merkel-Berater in Deutschland zwar viel Zustimmung ein, in südlichen Euro-Ländern erntete er jedoch Kritik. Daher gilt der 50-Jährige in Ländern wie Italien oder Griechenland als schwer vermittelbar.

Der Chef der niederländischen Notenbank, Klaas Knot, wird ebenso zu den Verfechtern eines strafferen Kurses gezählt. Im Unterschied zu Weidmann gilt der promovierte Ökonom, der unter anderem eine Professur an der Universität Groningen innehat, aber als weniger strikt. Der 51-Jährige drängte zuletzt auf ein Ende der billionenschweren Anleihenkäufe. Gegen Knot spricht, dass die Niederlande bereits mit Wim Duisenberg in den Jahren 1998 bis 2003 den ersten EZB-Präsidenten gestellt haben.

Auch der Franzose Francois Villeroy de Galhau wird als Kandidat gehandelt. Der 59-Jährige, der fließend deutsch spricht, ist seit November 2015 Chef der Banque de France. Er zählt weder klar zu den Vertretern einer strafferen Haltung noch steht er eindeutig für eine lockere Geldpolitik. Vor seinem Wechsel in die Notenbankwelt war der gebürtige Straßburger von 2011 bis 2015 bei der Großbank BNP Paribas tätig. Gegen ihn spricht, dass mit Jean-Claude Trichet von 2003 bis 2011 schon einmal ein Franzose an der Spitze der EZB stand.

Irland könnte Philip Lane ins Rennen schicken. Der frühere Wirtschaftsprofessor ist seit November 2015 Gouverneur der Central Bank of Ireland. Unter Analysten wird der 49-Jährige auch als heißer Kandidat für den ebenfalls im nächsten Jahr neu zu besetzenden Posten des EZB-Chefvolkswirts gehandelt. Lane war zunächst auch einer der Bewerber für den Posten des EZB-Vizechefs, bis Irland die Kandidatur zurückzog.

Auch der Notenbank-Gouverneur Finnlands, Olli Rehn, zählt zu den möglichen Anwärtern. Der 56-Jährige war von 2015 bis 2016 Wirtschaftsminister seines Landes, bevor er nach einer langen politischen Karriere zur Notenbank wechselte. Einen Namen in Europa machte sich Rehn, der in Oxford in politischer Ökonomie promovierte, vor allem in seiner Zeit als EU-Wirtschafts- und Währungskommissar von 2010 bis 2014. Gegen ihn spricht seine nur kurze Zeit an der Spitze der heimischen Notenbank.

Estlands Notenbankchef Ardo Hansson wird ebenfalls häufig genannt. Der promovierte Ökonom arbeitete viele Jahre als Ökonom bei der Weltbank und beschäftigte sich dort mit osteuropäischen Ländern. Der 60-Jährige gilt als fachlich versiert und wird geldpolitisch eher den Befürwortern einer strafferen Ausrichtung zugerechnet. Seit 2012 ist er Gouverneur der estnischen Notenbank. Für ihn könnte sprechen, dass das baltische Land bei der EZB bis jetzt noch keine führende Position besetzten konnte.