Ehe und Partnerschaft für alle: Wo sich Europa nicht einig ist

Bei der gesetzlichen Anerkennung von homosexuellen Partnerschaften gibt es ein Ost-West-Gefälle in Europa.
Bei der gesetzlichen Anerkennung von homosexuellen Partnerschaften gibt es ein Ost-West-Gefälle in Europa.APA/AFP/TED ALJIBE
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Bei der gesetzlichen Anerkennung von homosexuellen Partnerschaften gibt es eine Art Ost-West-Gefälle in Europa. Sowohl die Ehe als auch die Eingetragene Partnerschaft für alle ist nur in wenigen Staaten möglich. In großen Teilen Osteuropas können nur Mann und Frau heiraten.

Wien. Die sogenannte Homo-Ehe ist in Europa bzw. innerhalb der EU nicht einheitlich geregelt, aber ein Blick auf die Karte zeigt ein Ost-West-Gefälle – jedoch mit Grauzonen. Während die Länder westlich von Frankreich und Benelux die Homo-Ehe rechtlich durchgesetzt haben, tendierten bis vor Kurzem Deutschland und Österreich mit einigen osteuropäischen Ländern zur Eingetragenen Partnerschaft mit länderspezifisch unterschiedlichen Rechten und Pflichten. Osteuropa, aber auch Italien bilden das Schlusslicht. In einigen Ländern hingegen ist beides möglich: Eingetragene Partnerschaft für hetereo- und homosexuelle Paare sowie die Homo-Ehe.

Die Liberalen

Angefangen hat Dänemark. Das Land hat schon Ende der 1980er-Jahre eine Möglichkeit für Eingetragene Partnerschaften geschaffen, die dem Gerüst der Ehe schon sehr nahe kam. Die Niederlande zogen mit der Eingetragenen Partnerschaft, die nicht nur für homosexuelle Paare gilt, nach – und führten daraufhin als erstes Land der Welt auch die Homo-Ehe ein, die ab 2001 gültig war. Dieses Modell – Eingetragene Partnerschaft, dann Ehe – kann fast schon als skandinavisches bzw. Benelux-Modell gelten: Belgien, Norwegen, Schweden, Dänemark, Finnland – und auch Island. Belgien hat das Modell der „cohabitation légale“, einer Eintragung des Zusammenlebens, die sowohl für hetero- als auch für homosexuelle Paare gilt. Die Eingetragene Partnerschaft für alle Paare ist auch in Luxemburg zu finden.

In Frankreich ist die Homo-Ehe seit 2013 möglich, davor hatten gleichgeschlechtliche Paare die Möglichkeit, einen „Zivilen Solidaritätspakt“ zu schließen. Diesen können auch heterosexuelle Paare in Anspruch nehmen. Interessant ist in dieser Hinsicht auch das katholische Spanien, das die Homo-Ehe im Vergleich recht früh erlaubte (2005), unter der sozialistischen Regierung José Rodríguez Zapateros. Auch hier können nicht homosexuelle Paare ihre Partnerschaft eintragen lassen. In Deutschland hingegen galt das Lebenspartnerschaftsgesetz nur für Homosexuelle, ehe vergangenes Jahr der Weg für die Homo-Ehe geebnet wurde.

In Irland war es ein Referendum im Jahr 2015, das der Einführung der Homo-Ehe den Weg ebnete; davor war eine zivile Eintragung möglich. Heute hat die Insel mit Leo Varadkar einen homosexuellen Premier. Die Homo-Ehe gilt auch in Großbritannien und Portugal. In Malta und Luxemburg können auch heterosexuelle Paare die zivile Eintragung vornehmen.

Die Konservativen

Tschechien, Kroatien und Ungarn halten an Eingetragenen Partnerschaften für Homosexuelle fest. Die rechtskonservative Regierung in Budapest unter Viktor Orbán hat die Ehe als Verbindung zwischen Mann und Frau in der Verfassung festgehalten. Diesen Schritt machte lang zuvor, im Jahr 2005, auch Lettland – und er hat nach wie vor Gültigkeit.

In Sachen Homo-Ehe startete Slowenien vor wenigen Jahren einen Reformversuch, aber das Referendum ging negativ aus; das Land erlaubt jedoch seit mehr als zehn Jahren Eingetragene Partnerschaften für Homosexuelle. Im erzkonservativen Polen hingegen will man von Eingetragenen Partnerschaften nichts wissen, einzelne Initiativen scheiterten vor der Gesetzgebung. Daher ist an eine Homo-Ehe derzeit nicht zu denken. Dieselben Voraussetzungen bietet auch die Slowakei: Bratislava nahm sich hier Polen wohl als Vorbild und ließ eine Homo-Ehe vorsorglich per Verfassung verbieten. In Rumänien, Serbien, Bosnien und Herzegowina, Bulgarien, Mazedonien, Montenegro, Albanien und Litauen warten homosexuelle Paare noch auf gesetzliche Anerkennung.

Unterdessen hadert Italien, EU-Gründungsmitglied, noch immer mit der Homo-Ehe. Die Einführung war politisch stets umstritten, erst vor zwei Jahren konnte sich das Parlament durchringen, die Eingetragene Partnerschaft für Gleichgeschlechtliche zu ermöglichen. Diese Form findet sich auch in Griechenland. (red.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.09.2018)

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