USA: Staatsakt für einen unbeugsamen Senator

Aufgebahrt unter der Kuppel des Kapitols: Washington sagt Farewell zu John McCain.
Aufgebahrt unter der Kuppel des Kapitols: Washington sagt Farewell zu John McCain.REUTERS
  • Drucken

Das Who's who der politischen Elite versammelte sich zum Abschied von John McCain – außer Donald Trump und Sarah Palin.

Alle Details der Begräbnisfeierlichkeiten, die die Insignien eines Staatsakts tragen, waren monatelang ausgetüftelt und bis ins Letzte geplant – und zwar vom Verstorbenen selbst. So sollten die Witwe und der Katafalk mit dem Leichnam John McCains vor der Aufbahrung unter der Kuppel des Kapitols in Washington kurz an der Mall stoppen, vor dem Vietnam-Kriegs-Denkmal zum Gedenken an die 58.000 gefallenen US-Soldaten, deren Namen auf den Marmorplatten eingraviert sind. So wollte es der Vietnam-Veteran und Kriegsgefangene McCain.

Der langjährige Senator aus Arizona, der am vorigen Wochenende einem Gehirntumor erlag, hat seinen Abschied über mehrere Tage orchestriert und choreografiert: von den Gedenkmesse in der Baptistenkirche in Phoenix,wo sein demokratischer Freund aus Senatstagen, Ex-Vizepräsident Joe Biden, eine emotionale Rede hielt, bei der er sich die Tränen aus den Augen wischte, sich in die Wehmut aber auch Gelächter über die Anekdoten mischte; über den Auszug aus der Kirche, begleitet vom Frank-Sinatra-Song „My Way“; bis zur letzten Reise nach Washington. „John verstand, dass Amerika vor allem eine Idee ist, verwegen und riskant, hochgehalten von Idealen, nicht von Stammesrivalitäten“, sagte Biden und griff so einen Gedanken aus dem politischen Vermächtnis seines Gefährten auf, den er trotz aller Differenzen als „Bruder“ bezeichnete.

In den Hallen des Kapitols wurde McCain die seltene Ehre einer offiziellen Verabschiedung zuteil: Vizepräsident Mike Pence, Senatsführer Mitch McConnell und Paul Ryan, der „Speaker“ des Repräsentantenhauses, würdigten ihren zuweilen unbeugsamen und unbequemen Parteifreund.

Auf expliziten Wunsch waren zwei Persönlichkeiten von der Zeremonie ausgeschlossen: Donald Trump und Sarah Palin. Der Präsident, sein Intimfeind, steht für alles, was McCain verachtete. Die Unversöhnlichkeit überdauerte selbst den Tod. Überraschenderweise war auch Ex-Gouverneurin Palin ausgesperrt, die Galionsfigur der rechtspopulistischen Tea-Party-Bewegung, die McCain vor exakt zehn Jahren sensationell zu seiner Vizepräsidentschaftskandidatin gekürt hatte – eine Entscheidung, die er bitter bereuen sollte. Er hätte seinem Instinkt vertrauen und Joe Lieberman, den demokratischen Senator, zum Kompagnon nominieren sollen, bekannte er noch heuer.

Gegenbild zu Trump-Amerika

Der Tribut der Nation war McCain gewiss. Der Präsident floh am Labor-Day-Weekend, dem letzten Ferienwochenende, aus Washington. Sonst versammelte sich indes die Elite zum „Farewell“ von einem der prägendsten Köpfe und außenpolitischen Falken des Kongresses seit der Reagan-Ära in den 1980er-Jahren. Um die brüchigen transatlantischen Bande zu festigen, sagte sich Deutschlands Bundestagspräsident, Wolfgang Schäuble, heute zur Gedenkmesse in der Kathedrale an. Als Trauerredner hatte McCain die Ex-Präsidenten George W. Bush und Barack Obama sowie Henry Kissinger, die außenpolitische graue Eminenz, gewonnen, die ein Gegenbild zum Trump-Amerika heraufbeschwören sollten. Und auch die Sargträger waren prominent, darunter nebst Senatoren auch Biden, Verteidigungsminister James Mattis, New Yorks Ex-Bürgermeister Michael Bloomberg und Hollywood-Star Warren Beatty, ein glühender Demokrat.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.09.2018)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Cindy McCain, Ehefrau von John McCain beim aufgebahrten Sarg
Außenpolitik

Sarah Palin vom Begräbnis McCains ausgeladen

Die republikanische Vizepräsidentschaftskandidatin und Ex-Gouverneurin ist laut "New York Post" Persona non grata - wie Präsident Trump. Der Leichnam des US-Senators wurde im Parlament von Arizona aufgebahrt.
US-POLITICS-FLAG-WHITE-HOUSE
Außenpolitik

Nach Kritik: Trump würdigt McCain doch

Nach massivem öffentlichem Druck gab es vom US-Präsidenten zum Tod des Senators doch eine offizielle Mitteilung und die Fahnen wurden auf Halbmast gesetzt.
In Washington sorgte Trumps Verhalten in beiden politischen Lagern für schwere Irritationen.
Außenpolitik

Trump und McCain: Feindschaft über Tod hinaus

Der Präsident versagt dem republikanischen Senator, der in vielem einen Gegensatz zu ihm verkörpert hatte, eine Würdigung. Auch McCains Abschiedsbotschaft beinhaltete eine Spitze gegen Trump.
John McCain und Donald Trump
Außenpolitik

Donald Trump würdigt verstorbenen John McCain nicht

Donald Trumps Team verfasste eine offizielle Meldung. Doch der US-Präsident lehnte es ab, den verstorbenen US-Republikaner zu ehren. John McCain soll vor seinem Tod darum gebeten haben, dass Trump der Beerdigung fern bleibt.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.