Kinder- und Jugendbücher über Flucht: Zu Hause überall oder verschollen im Meer

„Ein neues Land“, Graphic Novel von Shaun Tan über seine Eltern.
„Ein neues Land“, Graphic Novel von Shaun Tan über seine Eltern.(c) Carlsen/Shaun Tan
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Von Julya Rabinowich bis zum „Kleinen Eisbären“.

Kurze, aber heftige Diskussion im Buchladen: Soll man Kindern die Wahrheit über die Schrecklichkeiten einer Flucht sagen oder ihnen lieber Mut machen? Eines der wunderbarsten Bücher über die vielen Facetten des Auswanderns hat Julya Rabinowich geschrieben, der ihre Eltern einen Urlaub versprachen, als die Familie das Flugzeug nach Wien bestieg. „Dazwischen: Ich“ erzählt die Geschichte von Madina, die ihrer Familie helfen muss, sich in der neuen Heimat zurechtzufinden.


Graphic Novel. Ohne Worte und darum umso eindringlicher ist „The Arrival“ („Ein neues Land“, Carlsen) von dem Australier Shaun Tan, eine Graphic Novel, die in schlichten, einprägsamen Bildern von den grotesken, den unheimlichen, den merkwürdigen, den trüben und den mitunter auch hellen Seiten des Lebens in einer komplett fremden Welt erzählt. Shaun Tan hat englische, irische, chinesische und malaysische Vorfahren, das Buch widmete er seinen Eltern. Noch eine Art Klassiker der Gegenwart: „Persepolis“ von der heute in Paris lebenden Iranerin Marjane Satrapi, ein Comic über die Umerziehung nach der Islamischen Revolution 1979. Das echte Persepolis ist übrigens eine riesige Ruinenstadt im Iran. Erst heuer erschienen ist „Neues Zuhause gesucht!“ von John Chambers und Henrike Wilson, eine Gruppe Pinguine geht auf eine gefährliche Reise, traditionell und entzückend illustriert ist dieses Bilderbuch. Der „Kleine Eisbär“ von Hans de Beer ist ein weiterer Versuch der Übertragung von Heimatverlust ins Tierreich, die herzige Serie wurde ein Welterfolg und auch verfilmt. Der kleine Eisbär erlebt allerhand Abenteuer. In „Wohin fährst du, Lars?“ (Nord-Süd-Verlag) wacht er nach einem Ausflug mit seinem Vater auf einer abgebrochenen Eisscholle auf, ein Fass bringt ihn nach Süden, das Beste: Auf dem Rücken eines Orca schwimmt er wieder heim.


Hoffnung. In „Zuhause kann überall sein“ von Irena Kobald und Freya Blackwood (Knesebeck) erlebt ein Mädchen Freundschaft in der Fremde. Keineswegs aufbauend, aber sehr poetisch: „Der Klang der Freiheit: Ein kleines Boot, ein Funken Hoffnung, ein Traum von Freiheit“ von Gill Lewis (Ars). Die Legende vom heiligen Martin nahm Heinz Janisch als Grundlage für sein Bilderbuch über Amir, ein Fremder teilt mit dem Flüchtlingsbuben im Lager eine rote Decke. Über unbegleitete minderjährige Flüchtlinge schrieb der 2017 verstorbene Schriftsteller Peter Härtling das Jugendbuch „Djadi, Flüchtlingsjunge“ (Gulliver). Auch Härtlings Familie musste fliehen, 1945 vor der Roten Armee.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.09.2018)

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