Digitalisierung: Österreich will "smarter" werden

Bundeskanzler Sebastian Kurz und drei weitere Minister haben sich in den vergangenen Tagen auf eine Lernreise, wie sie es selbst bezeichneten, nach Singapur und Hongkong begeben. Im Bild: die Canadian International School in Hongkong.
Bundeskanzler Sebastian Kurz und drei weitere Minister haben sich in den vergangenen Tagen auf eine Lernreise, wie sie es selbst bezeichneten, nach Singapur und Hongkong begeben. Im Bild: die Canadian International School in Hongkong. APA/HELMUT FOHRINGER
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Überwachungskameras an Laternen und Sensoren am Kühlschrank: Die österreichische Bundesregierung will von den Smart Cities in Hongkong und Singapur lernen.

Hongkong. Hongkong, was wörtlich so viel wie „duftender Hafen“ heißt, riecht nicht nur nach Innovation, hier gibt es diese tatsächlich: So lässt sich das Resümee der österreichischen Regierung in einem Satz zusammenfassen. Bundeskanzler Sebastian Kurz und drei weitere Minister haben sich in den vergangenen Tagen auf eine Lernreise, wie sie es selbst bezeichneten, nach Singapur und Hongkong begeben.

„Mitnehmen können wir einiges“, sagt Kurz. Vor allem „ein Schlafdefizit“, wie Wissenschaftsminister Heinz Faßmann scherzhaft anmerkte. Ganz von der Hand zu weisen ist das nicht. Denn der Terminplan der 60-köpfigen Wirtschafts- und Wissenschaftsdelegation war äußerst dicht. Es ging von Universitäten und Schulen über Forschungseinrichtungen undStart-ups bis in den Präsidentenpalast. Meist ging es dabei um das Thema Digitalisierung – auch beim „Cyberport“ in Hongkong.

Dort präsentierte Informationsminister Victor Lam Hongkongs Pläne zu einer Smart City, also einer hochautomatisierten und vernetzten Stadt. Durch die Digitalisierung soll nahezu alles – vom Verkehrsfluss, der Gesundheitsversorgung, den Behördengängen und der Wirtschaft – vereinfacht werden. Dazu sammelt man eine Unmenge an Daten.

Alle Behördengänge am Handy

Hongkong plant etwa, Straßenlaternen umzurüsten. 400 Laternen sollen neben LED-Lichtern auch mit Kameras, Sensoren und Wi-Fi-Routern ausgestattet werden. So will man Wetter-, Umwelt- und Verkehrsdaten in Echtzeit bekommen. Mit den Informationen könnte man bald selbstfahrende Autos durch die Stadt navigieren oder ein Parkplatzmanagement einführen. Auch Verkehrssünder seien so schnell ausfindig zu machen.

Bürger werden außerdem eine E-Identität bekommen. Alle Behördengänge sollen so via Smartphone erledigt werden können. Identifizieren müsse man sich entweder mit einem Fingerabdruck oder einem Iris-Scan. Mit diesen Daten dürfen sowohl die Regierung als auch Unternehmen arbeiten. Nicht unproblematisch.

„In Wirklichkeit wird es nicht ohne das Sammeln von Daten gehen“, sagt Infrastrukturminister Norbert Hofer (FPÖ). Für Österreich stehe jedoch der Datenschutz im Vordergrund. Anders als in Hongkong sei es hierzulande aber undenkbar, dass Bahntickets nicht mehr aktiv gekauft werden müssen, sondern Menschen, die in öffentliche Verkehrsmittel einsteigen, durch eine Gesichtserkennung registriert werden und so automatisch einen Fahrschein buchen.

Zum Teil gehe, sagte auch der Bundeskanzler, das System der persönlichen Überwachung zu weit. Er beobachte etwa Testregionen in China mit Sorge, in denen viele persönliche Daten von den Behörden gesammelt und in einem „Sozialkreditsystem“ ausgewertet werden, um die Bürger dann zu belohnen oder zu bestrafen.

Grundsätzlich soll Österreich aber „smarter“ werden. Auch zu Hause. Durch den Einsatz von Daten könne der Lebensalltag von alten Menschen verbessert werden. In Singapur hat sich die Delegation dazu ein Forschungsinstitut angesehen. Durch Sensoren können etwa allein lebende alte Menschen überwacht werden. Es wird alles – der Schlaf, der Gang zum Kühlschrank, das Essverhalten – aufgezeichnet. Die Informationen können dann an Betreuungseinrichtungen oder Angehörige weitergeleitet werden.

Mit diesen Ideen aus Asien ist die Regierung am Sonntag wieder zurück nach Wien geflogen. Den Weg zu Smart Cities will man nun konsequent weitergehen. Das werde zwar zu Beginn einiges kosten, auf Sicht werde dadurch aber Effizienz gewonnen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.09.2018)

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