Verhandlungen auf Augenhöhe statt Hofknicks

Am heutigen Dienstag ist Bundeskanzler Kurz zu Gesprächen in Kiew. Mit der Visite allein werden die österreichisch-ukrainischen Beziehungen aber nicht repariert werden können.

Ein Dienstag mit vielen Treffen erwartet Bundeskanzler Sebastian Kurz heute in Kiew. Zunächst ein Arbeitsfrühstück mit Außenminister Pawlo Klimkin, danach Treffen mit dem Bürgermeister der ukrainischen Hauptstadt, Vitalij Klitschko, und mit Präsident Petro Poroschenko. Vermutlich wird Kurz bei all seinen Treffen wiederholen, dass Wien weiterhin Partner der Ukraine ist und das Land in seinen Reformbemühungen unterstützt. Hinter den diplomatischen Floskeln wird es vor allem darum gehen, den durch eine unbedachte Hochzeitseinladung angerichteten Schaden zu begrenzen und Kiews Vertrauen in Wien erneut zu stärken.

Die FPÖ behauptet gern von sich, die nationalen Interessen dieses Landes besonders gut zu vertreten. Die Hochzeitsaffäre zeigt, dass dies nicht der Fall ist. Der Ruf Österreichs hat in der Ukraine nachhaltig Schaden genommen. Wirtschaftstreibende und andere Auslandsösterreicher in dem osteuropäischen Land können von der wachsenden Skepsis berichten, die sie zu spüren bekommen. Mit einem Anstandsbesuch allein wird sich diese nicht ausräumen lassen.

Die Ukraine will einen anderen politischen Weg gehen als der große Nachbar im Osten. Gerade ein kleines Land wie Österreich sollte dafür historisches Verständnis aufbringen und zeigen, was europäische Solidarität angesichts realer geopolitischer Bedrohung bedeutet. An Themen herrscht kein Mangel: Mehr als 110 Tage hungert der Ukrainer Oleg Senzow in einem russischen Gefängnis. Im Donbass halten die Separatisten mit Hilfe Moskaus an ihrer Macht fest. Schließlich: Wer wie die Regierung in Wien gerne hätte, dass er international als Brückenbauer wahrgenommen wird, der muss mit allen Parteien auf Augenhöhe verhandeln – und nicht mit einem beim Hofknicks gesenkten Kopf.

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