Der Placebo-Knopf und warum wir ihn gerne drücken

Ampeln, Lifttüren, Thermostate - die Welt ist voller Knöpfe, die uns suggerieren, dass wir selbige unter Kontrolle haben. Und das genügt doch schon als Rechtfertigung.

Nur für Blinde, so steht es deutlich auf den gelben Blöcken, die in Wien an Fußgängerampeln montiert sind. Also, "Blinde" steht nicht drauf, sondern ein Piktogramm zeigt ein Strichmännchen mit Blindenstock. Und beim Warten auf die Grünphase wird der Knopf, der lediglich die akkustische Signalgebung steuert, gerne gedrückt - nicht nur von seh-beeinträchtigten Mitmenschen, auch wenn das Nicht-Wahrnehmen des Piktogramms Gegenteiliges suggerieren könnte, sondern vor allem von ungeduldigen Zeitgenossen. Denn was gibt es Schlimmeres als warten.

In der US-Metropole New York gibt es etwa 1000 Ampel-Knöpfe, die nicht nur für Seh-Beeinträchtigte da sind. Doch es funktionieren etwa nur 100 von ihnen, bestätigte ein Sprecher der Stadt dem Sender CNN. In der britischen Hauptstadt London, wo es etwa 6000 dementsprechende Ampeln gibt, folgt auf den Knopfdruck die direkte Reaktion mittels einem leuchtenden "Wait"-Schriftzug - bitte "warten". Aber auch das bedeutet nicht, dass das grüne Ampel-Männchen früher erscheinen wird, schreibt CNN. Die früher tatsächlich per Knopfdruck gesteuerten Ampeln wurden wegen der steigenden Anforderungen durch modernere Systeme abgelöst, doch die "Wait"-Knöpfchen blieben. Nicht umsonst gibt es den Ausdruck der "Placebo-Knöpfe".

Dieses Phänomen soll auch Klimaanlagen bzw. Thermostate in Hotels befallen - man drehe den Regler, doch ohne Einfluss auf das Raumklima. Hauptsache wir haben das Gefühl, etwas getan zu haben. Denn wir drücken gerne Knöpfe, sie geben uns das Gefühl von Kontrolle. Im Aufzug zum Beispiel. Drücken Sie gerne den "Tür zu"-Knopf, um die Türen "rascher" zu schließen? Eben. Hätten sich die Türen ohnehin zum selben Zeitpunkt bereits wieder geschlossen? Eben.

>> Zum CNN-Artikel

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