Lässt Goldman Sachs Bitcoin fallen?

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Die US-Investmentbank Goldman Sachs will möglicherweise doch nicht in den Handel mit Bitcoin einsteigen. Der Kurs der größten Cyberdevise brach daraufhin ein.

Wien. Wer in den vergangenen Wochen angesichts der leichten Erholung der Preise von Bitcoin, Ether, IOTA & Co. gedacht hatte, die Kryptowährungen hätten das Schlimmste überstanden, wurde am Mittwoch und Donnerstag eines Besseren belehrt. Innerhalb von nur 14 Stunden purzelte allein der Preis von Bitcoin, der größten Cyberdevise, um 1000 Dollar nach unten. Am Donnerstagnachmittag kostete ein Bitcoin nur noch etwa 6400 Dollar. (Anfang Juli war es allerdings noch weniger.) Auch andere Kryptoassets wie Ether, XRP, Bitcoin Cash oder EOS rutschten größtenteils im zweistelligen Prozentbereich nach unten.

JP-Morgan-Chef: „Betrug“

Als Grund für den Preisrutsch gilt ein Bericht der Internetseite Business Insider, demzufolge die Investmentbank Goldman Sachs von ihren Plänen, in den Handel mit Kryptowährungen einzusteigen, Abstand nehmen dürfte. Zumindest vorläufig. Grund sei die unsichere regulatorische Zukunft von Bitcoin. Erst im Mai hat Goldman angekündigt, mit Derivaten handeln zu wollen, die den Bitcoin-Preis nachbilden. Grund war die Nachfrage von Kunden. Was den Anlegern an Bitcoin so gefällt, ist, dass seine Zahl begrenzt ist. Bitcoin wird von Computern durch komplizierte Rechenprozesse „geschürft“. Das System ist so ausgelegt, dass es maximal 21 Millionen Bitcoins geben kann. Derzeit gibt es 17,2 Millionen.

Nicht alle großen Investmentbanken stehen Bitcoin so freundlich gegenüber wie Goldman Sachs. Jamie Dimon etwa, Chef von JP Morgan, sieht Bitcoin als „Betrug“. Dass nun auch Goldman abspringen könnte, ist ein schwerer Schlag für die Bitcoin-Bullen. In den Wochen davor waren zudem mehrere Anläufe gescheitert, Bitcoin-ETFs aufzulegen, also Fonds, über die Anleger in diese Kryptowährung investieren könnten. Die US-Börsenaufsicht SEC hatte wiederholt Absagen erteilt.

Weltweit machen Bitcoin wachsende Regulierungsbestrebungen zu schaffen. In vielen Märkten, etwa China und Südkorea, wurde der Handel erschwert. Doch auch grundsätzlich Bitcoin-freundliche Länder wollen die Kryptowährungen an die Kandare nehmen. Im Juni ist der Bitcoin-Preis unter Druck geraten, weil die Aufseher in Japan sechs große Bitcoin-Händler ins Visier genommen und von ihnen verlangt haben, ihre Geschäftstätigkeit zu professionalisieren. Konkret ging es um die Identifikation von Kunden.

Vorangegangen waren ein kometenhafter Anstieg und ein tiefer Fall: Im Jänner 2017 hatten alle Kryptowährungen zusammen eine Marktkapitalisierung von 17 Milliarden Dollar. Das entspricht dem Börsenwert der OMV. Zwölf Monate später gab es weltweit nur noch ein einziges Unternehmen, dessen Börsenwert größer war als die auf 800 Milliarden Dollar angeschwollene Marktkapitalisierung aller Cyberdevisen: Apple. Neben Bitcoin erfreuten sich auch Altcoins wie Ether, XRP oder IOTA hoher Beliebtheit. Der Anteil von Bitcoin an allen Kryptowährungen fiel zeitweise unter ein Drittel.

Die Blase ist geplatzt

Kritiker sorgten sich wegen des Einflusses, den Kryptowährungen auf die Finanzmärkte haben könnten. Ein Absturz könnte andere Märkte mitreißen, dachte man.

Der Absturz ist gekommen, die restliche Finanzwelt hat sich eher unbeeindruckt gezeigt. Am gestrigen Donnerstag hatten alle Kryptowährungen zusammen einen Marktwert von 200 Mrd. Dollar, wie Daten von coinmarketcap.com zeigen. Das entspricht der Größe von Boeing. Und unter den Krypto-Assets dominiert wieder Bitcoin mit 55 Prozent Marktanteil.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.09.2018)

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