Hektische Diplomatie vor Mazedoniens möglicher Umtaufe

Bundeskanzler Kurz zu Besuch in Skopje.
Bundeskanzler Kurz zu Besuch in Skopje.APA/AFP/ROBERT ATANASOVSKI
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Der Ausgang des Referendums über die Namensänderung in Nord-Mazedonien in drei Wochen ist unklar. Kanzler Kurz warb in Skopje dafür.

Athen/Skopje. Hektische diplomatische Kontakte drei Wochen vor der Volksbefragung in Mazedonien über jenes Abkommen, das den Namensstreit zwischen Griechenland und Mazedonien beenden soll: Am Freitag traf Österreichs Kanzler, Sebastian Kurz, in Skopje den sozialistischen Premier, Zoran Zaev; tags zuvor war Nato-Chef Jens Stoltenberg zu Gast gewesen.

Am Samstag soll Deutschlands Kanzlerin, Angela Merkel, kommen. Sogar US-Präsident Donald Trump hat für den Vertrag geworben, wonach Mazedonien künftig „Nord-Mazedonien“ heißen soll – um damit die Angst der Griechen, aus dem Namen des kleinen Nachbarlands könnte jemand Ansprüche auf die gleichlautende griechische Region ableiten, zu beenden.

Kurz reiste auch als EU-Vorsitzender und signalisierte eine klare Botschaft „für die europäische Perspektive Mazedoniens“, wie er bei der Pressekonferenz mit Zaev sagte. Zudem stand ein Gespräch mit Hristijan Mickoski auf dem Programm, dem neuen Chef der mächtigen national-konservativen Oppositionspartei VMRO-DPMNE – diesfalls, um Überzeugungsarbeit zu leisten, denn die Partei, die satte 51 von 120 Parlamentssitzen hat, ist gegen den Pakt. Mickoski wird sich wohl nicht überzeugen lassen, offen ist jedoch, ob er zu einem Boykott des Referendums aufrufen wird. Gültig ist es nur bei einer Wahlbeteiligung von mehr als 50 Prozent. Im Fall eines Boykotts könnte es knapp werden.

Ohne Opposition geht nichts

VMRO-Politiker wie Staatspräsident Gjorge Ivanov stoßen sich vor allem daran, dass der vereinbarte Name Nord-Mazedonien auch im Inland verwendet werden muss. Die Regierung kontert, dass man die mazedonische Identität und Sprache jedenfalls gerettet habe.

Geht das Referendum am 30. September pro Namensänderung aus, müssen die mit Athen auf Regierungsebene vereinbarten Verfassungsänderungen im Parlament noch dazu mit Zweidrittelmehrheit abgesegnet werden. Das Verhalten der VMRO dabei ist also entscheidend und wird wohl vom Ausgang des Referendums abhängen.

Geht alles gut, muss letztlich noch das Athener Parlament zustimmen, jetzt mit einfacher Mehrheit. Bei einem Referendum wie in Mazedonien würde der Vertrag in Griechenland allerdings durchfallen, wie Meinungsumfragen zeigen. Für Samstag ist im nordgriechischen Thessaloniki die nächste Großdemo gegen die Lösung angesetzt. Anlass ist der Aufenthalt von Premier Alexis Tsipras in der Stadt. Die Organisatoren wollen an die gewaltigen Protestzüge von Jänner und Februar mit Hunderttausenden Teilnehmern anschließen, sie waren auch Anlass für die Verstimmung mit Russland samt gegenseitigen Diplomatenauweisungen. Athen will nämlich Beweise haben, dass Russland den Widerstand gegen das Abkommen finanziell unterstützt, weil es den Nato-Beitritt Mazedoniens torpedieren will.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.09.2018)

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