Europa braucht gemeinsame Regeln für die Kryptowelt

Eine Bitcoin-Farm in Florenz. Mit dem Lösen komplexer Rechenaufgaben erzeugen die Computer hier Kryptowährungen.
Eine Bitcoin-Farm in Florenz. Mit dem Lösen komplexer Rechenaufgaben erzeugen die Computer hier Kryptowährungen.REUTERS
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Einen Tag nach dem Kurssturz der Kryptoassets trommelt Österreich die EU-Finanzminister zusammen und drängt auf eine gemeinsame Regulierung der Branche.

Wien. Minus zwanzig Prozent. Wer in den vergangenen Jahren bereits in Kryptoassets wie Bitcoin oder Ether investiert war, quittierte den Kurssturz vom Donnerstag wohl nur noch mit einem Schulterzucken. Immerhin hat sich die Marktkapitalisierung aller Kryptoassets seit dem Hype im Jänner ohnedies schon von 800 Mrd. US-Dollar auf gut 200 Mrd. Dollar dezimiert.

Doch der neuerliche Crash hat eine Frage wieder in den Vordergrund gedrängt, vor der sich Europa zuletzt etwas gedrückt hat: Was tun mit den digitalen Währungen, die in den meisten Fällen gar keine sind? Verbieten, besteuern, regulieren? Oder den roten Teppich ausrollen, um die junge Szene anzulocken, die sich mit der dahinterliegenden Blockchain-Technologie anschickt, ganz bieder die Effizienz von Unternehmen zu verbessern?

Österreichs Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) hat diese Fragen zu seinen EU-Amtskollegen auf den informellen Ecofin mitgenommen. Bisher herrscht in Europa ein wirres Durcheinander an Definitionen, Regulierungen und Gesetzen, wenn es um die Kryptobranche geht. Die Regierungen konnten sich noch nicht einmal einigen, ob ein Bitcoin nun eine Währung, eine virtuelle Verrechnungseinheit oder ein Finanzinstrument ist. Von Art und Umfang der Regulierung ganz zu schweigen.

Doch das Thema drängt. Denn die Anonymität, die Bitcoin und Co. in der Finanzwelt versprechen, lockt viele Kriminelle und Betrüger an. Der Kampf gegen Geldwäsche, Terrorfinanzierung, Anlegerbetrug und Steuerflucht hat ohne klaren Plan für die Kryptowelt nur wenig Erfolgschancen. Selbst die Stabilität des globalen Finanzsystems könnte in Gefahr sein, wenn der Sektor weiter wächst, schreibt der Brüsseler Thinktank Bruegel in einer aktuellen Studie.

Wien plant Prospektpflicht

Auch in Österreich lassen sich die Schattenseiten des unregulierten Bitcoin-Hypes nicht leugnen: Es ist ein diffuser und unübersichtlicher Markt. Das macht Anleger verwundbar. Die Hälfte aller Anzeigen, die die Finanzmarktaufsicht (FMA) wegen mutmaßlichen Anlagebetrugs an die Staatsanwaltschaft weiterleitet, betrifft mittlerweile Kryptoassets, sagt FMA-Chef Klaus Kumpfmüller zur „Presse“. Wer Kryptoassets an einer der vielen unregulierten Internetbörsen kauft, sollte zumindest so viel Transparenz erwarten dürfen, wie jemand, der riskante Derivate an einer Börse kauft, fordert Bruegel.

Es liegt in der Natur der dezentralen und anonymen Technologie, dass die Regulatoren in Betrugsfällen Schwierigkeiten haben, die Verantwortlichen ausfindig zu machen. Stattdessen beginnen Staaten nun jene Unternehmen zu regulieren, die mit Bitcoin und Co. hantieren. In China sind etwa Bitcoin-Miningfarmen verboten, Kryptobörsen sollen mehr Informationen über ihre Kunden preisgeben, und manche Länder erwägen gar ein Verbot der Handelsplattformen. Österreich plant unter anderem eine Prospektpflicht für virtuelle Börsegänge (ICOs), um Anlegern Transparenz und Sicherheit zu bieten.

Doch derartige nationale Alleingänge seien nur bedingt sinnvoll, so die Bruegel-Autoren. Die EU-Finanzminister müssten sich auf einen Moment einigen, um die Kryptoregulierung auf EU-Ebene zu hieven.

In einem gemeinsamen Kapitalmarkt könnten unterschiedliche Regelungen und Anreize fatale Folgen haben. Die EU-Finanzminister gaben am Freitag zwar keinen genauen Zeitpunkt bekannt, wollen die Zusammenarbeit beim Thema aber verstärken.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.09.2018)

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