Internetgiganten sollen innerhalb der EU mit einer dreiprozentigen Abgabe auf ihre Umsätze besteuert werden. Dieses Vorhaben will man am Samstag beim Treffen der EU-Finanzminister auf Schiene bringen.
Wien. Wie besteuert man ein Unternehmen, das keinen realen Firmensitz in einem Land hat, sondern seine Umsätze in der virtuellen Welt, im Internet, macht? Darüber berät die EU seit Langem. Denn Studien zeigen, dass grenzüberschreitend tätige Internetfirmen in Europa bisher nicht einmal halb so viele Steuern wie herkömmliche Unternehmen bezahlen. Der effektive Steuersatz liegt bei weniger als zehn Prozent, bei traditionellen Unternehmen sind es dagegen 23 Prozent.
Am Samstag sollen sich die EU-Finanzminister bei ihrem informellen Treffen in Wien auf eine Übergangslösung festlegen, bis man eine grundlegende Neuregelung der Steuergesetze angeht. Diese Neuregelung kann lang dauern, weil es eben „keine Lösung gibt, die uns morgens unter der Dusche einfällt“, wie Deutschlands Finanzminister Olaf Scholz (SPD) vor dem Treffen in einem Interview mit der deutschen Tageszeitung „Augsburger Allgemeine“ gemeint hatte.
Die Übergangslösung, die die Kommission bereits im heurigen Frühjahr diskutiert hat und die Österreich während des Ratsvorsitzes auf Schiene bringen will, sieht eine dreiprozentige Steuer auf den Umsatz der Unternehmen in den EU-Staaten vor. Betroffen wären Firmen, deren weltweiter Jahresumsatz mehr als 750 Millionen Euro beträgt, wovon mehr als 50 Mio. Euro in der EU gemacht werden. Die Abgabe zielt also in erster Linie auf Google, Facebook und Amazon ab. Sie würde jährlich etwa fünf Milliarden Euro bringen. Zum Vergleich: Die Umsatzsteuer allein in Österreich macht jährlich knapp über 28 Milliarden Euro aus.
Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP), der das Treffen der Finanzminister am Freitag und Samstag leitete bzw. leitet, versuchte im Vorfeld vor allem Deutschland von dem Konzept zu überzeugen. Dort hatte es in den vergangenen Tagen und Wochen unterschiedliche Aussagen und Signale zu einer Digitalsteuer gegeben. Am gestrigen Freitag zeigte man sich optimistisch, dass es zu einer gemeinsamen Vorgangsweise kommt.
Löger schließt Alleingang nicht aus
Bleibt die Frage offen, ob Löger einen Alleingang Österreichs überlegt. Man könne kurzfristig eine Onlinewerbeabgabe einführen und dafür die bestehende Werbeabgabe von fünf auf drei Prozent senken.
Die gestrigen Gespräche der EU-Finanzminister drehten sich vor allem um eine Vertiefung der Währungsunion und um eine Regelung für Kryptowährungen. Zur Währungsunion gehören Pläne zur Bankenabwicklung, Einlagensicherung und zum Eurozonenbudget. Sie sollen im Dezember zur Beschlussfassung vorliegen. Wichtig sei beispielsweise eine gemeinsame Einlagensicherung, sonst könne eine Bankenunion nicht funktionieren.
Am Rand ging es bei dem informellen Treffen auch um das EU-Sorgenkind Italien, das in der Eurozone nach Griechenland die höchste Verschuldung hat. Die seit Juni regierende Koalitionsregierung aus der populistischen Fünf-Sterne-Bewegung und der rechten Lega hatte im Wahlkampf eine Abkehr vom Sparkurs versprochen.
Italien habe öffentlich versichert, dass man die EU-Regeln einhalten werde, vor allem die Drei-Prozent-Defizitregel. Deshalb sei er zuversichtlich, meinte der Vorsitzende der Euro-Gruppe, der portugiesische Finanzminister Mário Centeno.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.09.2018)