Klarer Sieg, kaum Wahlbeteiligung: Sobjanin bleibt Moskauer Bürgermeister

Sergej Sobjanin war nie gefährdet als Bürgermeister von Moskau.
Sergej Sobjanin war nie gefährdet als Bürgermeister von Moskau.imago/ITAR-TASS
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Der 60-Jährige gilt als loyaler Weggefährte von Kremlchef Putin und gewinnt mit 70 Prozent der Stimmen. Über den Wahlen lag dennoch ein Hauch von Protest an Putin.

Überschattet von Protesten hat der kremltreue Amtsinhaber Sergej Sobjanin die Bürgermeisterwahl in Moskau nach ersten Prognosen gewonnen. Er bekam laut vorläufigem Endergebnis 70,02 Prozent der Stimmen, wie die Wahlleitung am Montag mitteilte. Somit hätte er rund 25 Prozent mehr Stimmen als bei der Wahl vor fünf Jahren erhalten.

Der deutliche Sieg hat mehrere Gründe: Der 60 Jahre alte Sobjanin gilt seit Jahren als loyaler Weggefährte von Kremlchef Wladimir Putin. Dieser hatte ihm auch im Wahlkampf den Rücken gestärkt. Zudem gab es für den Politiker aus Sibirien keine realistischen Gegenkandidaten. Zwar ließen sich noch vier weitere kremlnahe Kandidaten aufstellen, doch keiner wurde dem Amtsinhaber gefährlich. Niemand hatte an einem klaren Sieg Sobjanins gezweifelt. Den ersten Daten zufolge erhielt nur ein Gegner, der Kommunist Wadim Kumin, mehr als zehn Prozent der Stimmen.

Modernisierung der Stadt, Kürzung von Sozialausgaben

Sobjanin ist seit 2010 im Moskauer Rathaus. Seine Amtszeit ist in erster Linie mit großen Bauvorhaben und der Modernisierung der 12-Millionen-Metropole verbunden. Gleichzeitig kritisieren viele Moskauer, dass soziale Ausgaben systematisch gekürzt wurden. Vor allem bei Bildung und Gesundheit werde gespart.

Bei der Abstimmung 2013 war der Wahlgang für Sobjanin deutlich ungemütlicher: Damals bekam Kremlkritiker Alexej Nawalny aus dem Stand mehr als ein Viertel der Stimmen und zwang den Amtsinhaber fast in eine Stichwahl. Bei der Präsidentenwahl 2018 wurde Nawalny wegen einer umstrittenen Bewährungsstrafe nicht mehr zugelassen. Dass bei dieser Wahl kein einziger regierungskritischer Kandidat antreten durfte, sei ein Grund für die wahrscheinlich sehr niedrige Wahlbeteiligung, sind sich Meinungsforscher einig.

Rund 7,2 Millionen Moskauer waren zur Stimmabgabe aufgerufen. Kurz vor Schließung der Wahllokale nutzten nach offiziellen Angaben aber nur 30,86 Prozent der Moskauer ihr Stimmrecht. Auch in vielen Regionen des Riesenreiches sollten die Gouverneure und lokalen Parlamente gewählt werden. Offizielle Ergebnisse dazu sollten in den kommenden Tagen bekannt werden.

Proteste wegen Pensionsreform auf die Barrikaden

Für die niedrige Wahlbeteiligung gibt es aber auch einen anderen Grund: Pläne für eine umstrittene Rentenreform sorgen seit Wochen für großen Unmut in der Bevölkerung. Das Eintrittsalter soll drastisch erhöht werden. Der Oppositionelle Nawalny hatte deshalb für den Wahltag zu landesweiten Demonstrationen aufgerufen, bei denen bis zu 80 000 Menschen teilgenommen haben sollen.

Laut Beobachtern wurden dabei mehr als 800 Menschen festgenommen. Allein in der Metropole St. Petersburg seien mehr als 350 Menschen in Gewahrsam genommen worden, teilte das Bürgerrechtsportal OVD-Info mit. In Jekaterinburg am Ural wurden ebenfalls knapp 130 Demonstranten festgesetzt. Die Zahlen könnten aber durchaus noch steigen, hieß es.

In Moskau gingen ebenfalls Tausende Menschen auf die Straße. "Putin ist ein Dieb - und auch Sobjanin", riefen viele Demonstranten. Insgesamt wurden in der Hauptstadt rund 40 Menschen festgenommen. Der Wahlgang selbst sei aber sehr friedlich verlaufen, sagte Wahlleiterin Ella Pamfilowa. Ihr seien keine Verstöße oder Nachrichten über Wahlbetrug bekannt geworden.

(APA/dpa)

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