Er geht mit Jahresende und will eine Bäckerei eröffnen.
Wien. Jetzt ist also bald auch Christoph Chorherr weg. Knapp eine Woche nach der Abschiedserklärung von Grünen-Chefin Maria Vassilakou verkündete am Montag der nächste prominente Wiener Grüne und „Parade-Realo“ seinen Rückzug aus der Politik.
Via Video gab der 57-Jährige auf seinem Blog bekannt, dass er circa mit Jahresende ausscheiden und künftig nur mehr „politisch motivierter“ Unternehmer sein wolle. Unter anderem wird er mit Heli Gragger eine Holzofen-Bio-Bäckerei mit Sozialanspruch eröffnen, in der man Flüchtlinge bzw. Menschen aus dem zweiten Arbeitsmarkt beschäftigen will.
Es sei Zeit gewesen „loszulassen“, so Chorherr. Es falle ihm nicht leicht, aber er wolle gehen, solange noch Freude an der Politik überwiege, so der Gemeinderat. Und er gibt zu: Es sei zwar nicht der Hauptgrund für seinen Abschied, es habe aber doch eine Rolle gespielt, dass er zuletzt durch „bösartige Gerüchte“ angegriffen worden sei (u. a. wegen Spenden aus der Immobilienbranche für seine Schulprojekte in Südafrika). Und das solle „kein Ballast“ für die Grünen sein.
Chorherr betont, er wollte seine Entscheidung bewusst vor der Kür des/der neuen Spitzenkandidaten/in verkünden. Damit es nachher nicht heiße, er gehe, weil die Wahl auf die betreffende Person gefallen sei. Bekannt ist, dass Chorherr die Kandidatur von Gemeinderat Peter Kraus unterstützt.
Politisch will Chorherr noch die Reform der Bauordnung abschließen. Chorherr ist Sprecher für Stadtplanung, Energie und Wohnen.
Gastspiel als Bundes-Chef
Chorherr, Sohn des kürzlich verstorbenen langjährigen Ex-„Presse“-Chefredakteurs Thomas Chorherr, geht zwar als Gemeinderat in Politpension. Doch davor hatte er fast alle Spitzenpositionen der Grünen inne. Politisiert durch die Zwentendorf-Debatte war der Volkswirt ein Grüner der ersten Stunde. Nach dem Einzug der Grünen in den Nationalrat war er zunächst Referent für Wirtschafts-, Verkehrs- und Energiepolitik.
Ab 1991 verstärkte er als Mandatar die Wiener Grünen, wurde dann 1996 Chef der Bundespartei, was ihn aber – Zitat anno 1997: „Ich habe die Streitereien einfach satt“ – nicht lang freute. Er wechselte zurück nach Wien, wurde Klubobmann, Spitzenkandidat. 2004 übergab er an Maria Vassilakou.
Wer im Rathausklub auf Chorherr folgt, ist noch nicht entschieden, hieß es dort am Montag. (APA/red.)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.09.2018)