Ungarn: Österreichs Außenamt ersucht um Stimmprüfung

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Themenbild: EU-Parlament(c) APA
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Wien lässt auf FPÖ-Initiative Abstimmung im EU-Parlament über die Einleitung eines EU-Strafverfahrens gegen Budapest prüfen. Strache wünscht sich „Verständnis“.

Wien/Brüssel. Wie das Außenministerium am Sonntag bestätigte, hat Außenministerin Karin Kneissl (FPÖ) den juristischen Dienst des EU-Rates um eine Stellungnahme zu den nicht gezählten Stimmenthaltungen bei der Ungarn-Abstimmung gebeten. Die Prüfung der Abstimmung im EU-Parlament zur Einleitung eines Artikel-7-Verfahrens sei über die österreichischen Vertretungsbehörden in Brüssel erbeten worden, so das Außenamt.

Die FPÖ hat Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Beschlusses des EU-Parlaments für ein Strafverfahren gegen Ungarn geäußert. Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) ersuchte Außenministerin Karin Kneissl, eine Überprüfung einzuleiten. Es geht darum, wie Stimmenthaltungen in das Ergebnis einfließen. Ungarn hat bereits rechtliche Schritte angekündigt.

Das Parlament hat am vergangenen Mittwoch in Straßburg ein Verfahren gegen Ungarn nach Artikel 7 des EU-Vertrags eingeleitet, das bis zum Entzug von Stimmrechten auf europäischer Ebene führen kann. Nötig war dafür eine Zwei-Drittel-Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Sie kam aus Sicht des EU-Parlaments zusammen, da 448 EU-Abgeordnete für das Verfahren stimmten. 197 Parlamentarier waren dagegen und 48 enthielten sich.

 

Budapest zweifelt an Beschluss

Ungarn argumentiert damit, dass die erforderliche Zwei-Drittel-Mehrheit nicht gegeben sei, weil man die 48 Enthaltungen als abgegebene Stimmen berücksichtigen müsste. Danach hätten nur knapp 65 Prozent für ein Verfahren gestimmt – es wäre somit also kein rechtsgültiger Beschluss zustande gekommen.

Er habe „großes Verständnis für die ungarische Argumentation“, teilte der Vizekanzler laut einer Aussendung mit.

Käme es zu einem Verfahren gegen Ungarn, würde der Riss zwischen Ost- und Westeuropa vertieft, anstatt diesen „mit Verständnis“ auszugleichen, bedauerte Strache: „Gerade die osteuropäischen Länder, wie eben Ungarn, welche unter der UDSSR gelitten und mit vielen Opfern ihre heutige Freiheit und Demokratie erkämpft und erstritten haben, wollen nicht wieder eine Bevormundung oder Fremdbestimmung – dieses Mal aus Brüssel kommend – erleben.“

Am Zug ist nun der Rat der EU-Außen- und Europaminister, in dem aktuell Gernot Blümel (ÖVP) den Vorsitz hat. Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) erklärte in einem Interview mit der „Kleinen Zeitung“, dass das Thema beim informellen EU-Gipfel in Salzburg nicht behandelt werde. Er sehe nun die EU-Kommission gefordert. (APA)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.09.2018)


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