Der Freiheitliche Hubert Keyl zieht seine Bewerbung als Bundesverwaltungsrichter zurück - um seine Familie zu schützen. FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache zeigt dafür Verständnis. Allerdings: Grund für den Verzicht könnte auch der Bundespräsident sein.
Tagelang wurde der von Türkis-Blau designierte Bundesverwaltungsrichter Hubert Keyl kritisiert. Am Wochenende rückte nicht nur die FPÖ, sondern auch der Freiheitliche selbst aus, um sich zu verteidigen. Die Patt-Situation löste sich sodann Montag früh: Keyl gab per Aussendung bekannt, seine Bewerbung zurückzuziehen – und kam damit einer möglichen Ablehnung durch Bundespräsident Alexander Van der Bellen zuvor.
Vizekanzler und FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache zeigte am Montag Verständnis für Keyls Entscheidung. Dieser sei „zum Opfer einer politischen und medialen Hexenjagd geworden", schrieb Strache in einer Aussendung. Damit wiederholte er die Formulierungen seines Generalsekretärs Christian Hafenecker vom Wochenende. Letzterer hatte am Wochenende den „hervorragenden Kandidaten“ Keyl verteidigt und eine „haltlose Hetzjagd“ geortet.
Auch von den Neos gab es eine erste Reaktion – die übrigen Parteien äußerten sich am Vormittag noch nicht: Neos-Vizeklubchef Nikolaus Scherak meinte, dass sich solch ein Fall nicht wiederholen dürfe: „Es kann nicht sein, dass ÖVP und FPÖ Personen zu Richtern nominieren, die derart fragwürdige Gesinnungen vertreten und offensichtlich der Neonazi-Szene nahestehen. So jemand hat in der Gerichtsbarkeit nichts verloren." Scherak forderte daher die Einführung eines transparenten Auswahlprozesses zur Verbesserung der Unabhängigkeit und Qualität der Verwaltungsgerichtsbarkeit.
Warum zog Keyl zurück?
Warum aber zog Keyl zurück? Offiziell, wie er selbst in einer Aussendung festhält, um seine Familie zu schützen. Denn: Laut Informationen der Austria Presseagentur könnte aber auch Druck seitens des Bundespräsidenten zu dem Entschluss geführt haben. Demnach habe Van der Bellen am Wochenende höchsten Regierungskreisen klar gemacht, dass er einer Bestellung des umstrittenen Freiheitlichen nicht zustimmen werde (der Bundespräsident muss Bestellungen von Bundesverwaltungsrichtern absegnen).
In den vergangenen Tagen gab es verschiedene Vorwürfe gegen Keyl. Der einst enge Mitarbeiter des früheren Dritten Nationalratspräsidenten Martin Graf (FPÖ) war 2010 in eine Prügelaffäre involviert, bei der Neonazi Gottfried Küssel zu seinen Gunsten in Erscheinung getreten sein soll. Bereits am Samstag hatte Keyl betont, niemals eine gemeinsame politische Vergangenheit mit Küssel gehabt zu haben und auch in keinerlei Kontakt mit ihm zu stehen. Den Nationalsozialismus und seine grausamen Verbrechen lehne er in aller Entschiedenheit ab, unterstrich er.
Seine Position gegen die Seligsprechung des von den Nazis hingerichteten Franz Jägerstätter relativierte Keyl nun am Montag. „Ich würde diesen Artikel heute nicht mehr so veröffentlichen“, schrieb er. Keyl hatte vor einigen Jahren in einem Leserbrief dagegen angeschrieben, dass Jägerstätter, der den Wehrdienst unter den Nazis verweigert hatte und dafür hingerichtet wurde, selig gesprochen wird. Wer den Dienst in der Wehrmacht verweigert habe, sei „ein Verräter, und Verräter soll man verurteilen und nicht seligsprechen", wurde Keyl zitiert.
(Red./APA)