Türkei drückt bei konkursbedrohten Firmen ein Auge zu

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Die Investmentbank JPMorgan schätzt, dass im Privatsektor der Türkei bis Juli 2019 rund 146 Milliarden Dollar an Schulden in Auslandswährungen fällig werden.

Angesichts des Verfalls der Landeswährung Lira müssen konkursbedrohte Firmen in Fremdwährungen aufgelaufene Verluste nicht mehr berücksichtigen, wenn es um die Entscheidung geht, Insolvenz anzumelden. Eine solche Regelung wurde nun in das Handelsgesetz aufgenommen und soll bis Anfang 2023 gelten. Jahrelang haben sich viele Firmen in der Türkei in Fremdwährungen verschuldet. Doch der durch Zweifel vieler Investoren an der Unabhängigkeit der Notenbank ausgelöste Kurssturz der Lira in diesem Jahr hat dazu geführt, dass sich die Kosten des Schuldendienstes für viele Unternehmen stark erhöht haben.

Die Investmentbank JPMorgan schätzt, dass im Privatsektor der Türkei bis Juli 2019 rund 146 Milliarden Dollar an Schulden in Auslandswährungen fällig werden. Ökonom Jason Tuvey vom Analysehaus Capital Economics sieht die Änderung im Handelsgesetz vor diesem Hintergrund als zweischneidiges Schwert. Einerseits würden wirtschaftlich gesunde Betriebe vor dem Aus bewahrt: "Andererseits besteht die klare Gefahr, dass letztendlich auch eine große Zahl von Zombie-Firmen übrig bleibt", sagte er am Montag.

Die türkische Notenbank hatte dem Schwellenland jüngst mit einer drastischen Zinserhöhung etwas Luft in der Währungskrise verschafft. Der einflussreiche Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan ist jedoch ein erklärter Gegner dieser Politik und nährt mit seiner pauschalen Kritik an der Notenbank Zweifel an deren Unabhängigkeit. 

(Reuters)

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