Van der Bellen hätte den Richter-Kandidaten abgelehnt. Keyl zog seine Kandidatur nun vorher zurück.
Wien. Ein Rückzieher hat die Schmach schlussendlich erspart. Der umstrittene FPÖ-Kandidat Hubert Keyl hätte auf Vorschlag der Regierung einer von zehn Richtern am Bundesverwaltungsgericht (BVwG) werden sollen – nach heftiger Kritik zog dieser die Bewerbung dann aber zurück.
Ihm wurden Kontakte ins rechtsextreme Milieu vorgeworfen. Der verurteilte Neonazi Gottfried Küssel soll ihm 2010 bei einer Schlägerei zur Hilfe geeilt sein. Außerdem schrieb er in der rechten Zeitung „Zur Zeit“ gegen die Seligsprechung des Kriegsdienstverweigerers Franz Jägerstätter an, nannte ihn einen „Verräter“.
Letztere Aussagen dürften Keyl den Karrieresprung gekostet haben – Bundespräsident Alexander Van der Bellen soll der Regierung mitgeteilt haben, er werde Keyls Ernennung nicht zustimmen. Keyls Aussagen zu Jägerstätter würden die Haltung der Republik gegenüber Deserteuren und den gesamten Widerstand gegen Hitler diskreditieren. Es ist somit schon das zweite Mal, dass Van der Bellen Widerstand gegen die Ernennung eines FPÖ-Kandidaten zum Richter signalisierte: Als Medien den „Krone“-Kolumnisten Tassilo Wallentin als möglichen Verfassungsrichter ins Spiel brachten, ließ Van der Bellen Ablehnung erkennen. Tassilo Wallentin dementiert indes, jemals FPÖ-Kandidat gewesen zu sein.
Keyl kam dem nun zuvor und zog gestern seine Bewerbung zurück: Die „mediale Hetzjagd“ sei seiner Familie nicht mehr zuzumuten gewesen. Er verzichte auf den Job, „trotz erfolgreich absolvierten, unabhängigen Auswahlverfahrens“. Er betonte auch, dass er bezüglich seines über zehn Jahre alten Kommentars zu Jägerstätter heute anders denke – und dass sich nicht nur die Rechtslage, sondern auch seine persönliche Ansicht geändert habe.
Widerstand auch innerhalb der FPÖ
Widerstand gegen Keyls Bestellung kam auch aus der ÖVP. Oberösterreichs Landeshauptmann Thomas Stelzer stellte dessen moralische Befähigung infrage. Auch aus Kirchenkreisen gab es Kritik. FPÖ-Vizekanzler Heinz-Christian Strache verteidigte Keyl am Montag noch einmal. Keyls Frau war lang Straches Sekretärin und arbeitet derzeit nach eigenen Angaben im Büro von Generalsekretär Harald Vilimsky. Innerhalb der FPÖ gab es aber durchaus Kopfschütteln ob des Vorschlags, den ehemaligen Mitarbeiter Martin Grafs zum Richter zu ernennen. Dieser hatte sich in der Partei im Laufe der Jahre nämlich durchaus viele Feinde gemacht – und wurde wegen originellen Verhaltens aus zwei Burschenschaften geschmissen.
Der Job am Bundesverwaltungsgericht wird nun an jemand anderen aus dem Dreiervorschlag gehen – an wen, das will das Justizministerium in den folgenden Tagen bekannt geben. Es kam übrigens auch dieses Mal wieder zu Kreuzreihungen: Das heißt, dass ein Bewerber mehrfach in den verschiedenen Dreiervorschlägen vorkommt. Das BVwG wurde für diese Vorgehensweise bereits in der Vergangenheit heftig kritisiert. In einer Stellungnahme der Justiz heißt es, dass es unter den über 100 Bewerbern nicht genug ausgezeichnete Bewerber gab. Die Kandidatenreihungen wollte man der „Presse“ nicht zur Verfügung stellen.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.09.2018)