Die Aufsichtsräte von Audi und VW haben die Entscheidung über das Schicksal von Rupert Stadler vertagt. Der Audi-Chef sitzt wegen Betrugsverdachts in U-Haft. Laut Medienberichten ist seine Ablösung aber fast fix.
Wien. Seit 18. Juni 2018 sitzt Audi-Chef Rupert Stadler wegen Betrugsverdachts und Verdunkelungsgefahr im Zusammenhang mit den Dieselmanipulationen in Augsburg in U-Haft. Und daran dürfte sich so schnell nichts ändern: Seine Haftbeschwerde hat das Augsburger Gericht am 18. August abgewiesen. Dass Stadler hinter Gittern seinen Aufgaben als Audi-Vorstandssitzender genauso wenig nachkommen kann wie jenen als Konzernvorstand bei Volkswagen, ist evident. Audi-Vertriebsvorstand Bram Schot übernahm umgehend seine Position – allerdings nur interimistisch, wie der Konzern betonte.
Doch nun sollte der Schwebezustand offenbar beendet werden. Sowohl der Aufsichtsrat von Audi als auch jener von VW traten gestern in Wolfsburg zusammen, um zu entscheiden, wie es mit dem 55-Jährigen weitergehen soll. Aber es blieb vorerst bei einem „Informationsaustausch“. Über Stadlers Zukunft soll nun auf einer regulären VW-Aufsichtsratssitzung am 28. September weiter beraten werden. Möglicherweise fällt aber schon an diesem Donnerstag eine Vorentscheidung, beim routinemäßigen Treffen des Audi-Aufsichtsrats im ungarischen Györ.
Freilich: „Alles andere als Stadlers Ablösung wäre verwunderlich“, hieß es laut „Handelsblatt“ in VW-Kreisen. Auch laut „Spiegel“ muss der Chef seinen Posten wahrscheinlich endgültig räumen.
Audi-Vertrag läuft bis 2022
Warum fällt die Entscheidung trotzdem so schwer? Die Sache ist rechtlich kompliziert, weil Stadler gleich zwei Verträge hat: Einen mit Audi, der noch bis 2022 läuft. Erst im vergangenen Jahr verlängerte ihn der damalige VW-Chef Matthias Müller. Der zweite gut dotierte Vertrag besteht mit dem VW-Konzern und endet im Dezember 2019. Letzterer wurde bereits 2017 verlängert. Eine Auflösung würde den Unternehmen also viel Geld kosten. Denn bis es zu einer rechtskräftigen Verurteilung kommt, gilt für Stadler die Unschuldsvermutung. Und bis dahin können noch viele Jahre vergehen.
Derzeit steht noch nicht einmal fest, ob die Staatsanwaltschaft überhaupt Anklage erheben wird. Bei einer Trennung von Stadler müssen beide Autohersteller seine Gehälter bis zum Ende der Vertragsdauer sowie Abfertigungen bezahlen. Letztere könnte Stadler allerdings im Falle einer Verurteilung wieder zurückzahlen müssen, weil dann der Anspruch entfiele.
Einige der Aufsichtsratsmitglieder kennen und schätzen Stadler, der seit 2006 an der Spitze des Audi-Konzerns steht. Sie nahmen ihn bisher als Aufklärer im Abgasskandal wahr, nicht als möglichen Mittäter. Aber offenbar setzen sich die Gegner durch. Ihr Argument: Jemand, der einmal monatelang in Untersuchungshaft gesessen hat, sei an der Spitze eines Konzerns nicht mehr tragbar. Zu sehr habe das Image unter seinen möglichen Verstrickungen gelitten. (hec)
Auf einen Blick
Seit 18. Juni 2018 sitzt Audi-Chef Rupert Stadler wegen Betrugsverdachts und Verschleierungsgefahr im Zusammenhang mit dem Dieselskandal in U-Haft. Vertriebschef Bram Schot hat interimistisch seinen Platz eingenommen. Gestern wollten die Aufsichtsräte von Audi und VW über seine Ablöse beraten. Entschieden wurde bis zum Abend nichts.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.09.2018)