Abgasskandal: Kommt nun bald die EU-Sammelklage?

EU-RATSVORSITZ - INFORMELLER EU-RAT JUSTIZ UND INNERES: PRESSEKONFERENZ MOSER
EU-RATSVORSITZ - INFORMELLER EU-RAT JUSTIZ UND INNERES: PRESSEKONFERENZ MOSERAPA/BARBARA GINDL
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Nicht zuletzt durch den Dieselskandal kam das Thema Sammelklage wieder aufs Tapet, laut Justizminister Josef Moser wird es auch ein Thema für die österreichische EU-Ratspräsidentschaft. Von einer Einigung dürfte man aber noch weit entfernt sein.

Vor wenigen Tagen hat der VKI für knapp 10.000 heimische Konsumenten Sammelklagen gegen VW eingebracht. In Summe sind es 16 Klagen, Gesamtstreitwert: rund 60 Mio. Euro. Zuvor brachte auch schon die private Plattform Cobin Claims mehrere Sammelklagen auf den Weg, auch dabei geht es um tausende Fälle. Nach dieser „größten Klagewelle, die es in Österreich jemals gegeben hat“ stehen nun wohl jahrelange Prozesse bevor. Ganz anders als in den USA, wo es schon konkrete Vergleichsangebote gibt: Das das Instrumentarium für Sammelklagen ist dort wesentlich schärfer - und das hat die Einigungsbereitschaft von VW sichtlich beflügelt.

"Sammelklage österreichischer Prägung"

Das Thema Sammelklagen rückt damit wieder in den Fokus: Reicht das rechtliche Instrumentarium, das es hierzulande gibt – die sogenannte Sammelklage österreichischer Prägung? Oder sollten die Möglichkeiten, Verbraucherforderungen gegen Unternehmen zu bündeln, ähnlich dem US-Vorbild nachgeschärft werden?

Zur Erinnerung: Die „Sammelklage österreichischer Prägung“ beruht darauf, dass Verbraucher, die ähnlich gelagerte Forderungen gegen ein Unternehmen haben, diese an jemanden abtreten, der sie dann gesammelt für alle geltend macht. Das Kostenrisiko übernimmt dabei meist ein Prozessfinanzierer, dem, falls der Prozess gewonnen wird, ein Prozentsatz des erstrittenen Betrages zusteht.

In den USA können dagegen Prozesse für Gruppen von Betroffenen geführt werden, ohne dass jeder Einzelne sich der Klage ausdrücklich anschließen muss. Das erzielte Ergebnis gilt dann grundsätzlich für alle, die belegen können, dass sie zu der Gruppe zählen. Darüber hinaus muss man nur aktiv werden, wenn man die Sammelaktion nicht für sich gelten lassen will. In diesem Fall kann man dezidiert aus der Gruppe austreten (und dann z. B. in Eigenregie einen Rechtsstreit führen).

Überlegungen für EU-Sammelklage

Bräuchten wir das auch? Diskutiert wird das seit Längerem, dass Österreich damit vorprescht, ist aber nicht zu erwarten, auch nicht unter dem Eindruck des Abgasskandals. „Wir haben schon eine Sammelklage“, sagte Justizminister Josef Moser am Dienstag vor Journalisten. Worum es jetzt gehe, sei eine Regelung auf EU-Ebene, betonte er im Klub der Wirtschaftspublizisten.

Für eine EU-weite Regelung gibt es auch schon Überlegungen, das ist einer der Punkte im sogenannten „New Deal for Consumers“, auf den sich die Union vom Grundsatz her geeinigt hat. Sammelklagen durch Verbraucherverbände könnten demnach künftig auch in Europa ohne Beauftragung durch jeden einzelnen Betroffenen erfolgen, im Sinne eines "Opt-out-Modells" wie in den USA. Aber, so Moser: „Darüber gibt es stark divergierende Ansichten.“ Er rechnet deshalb auch nicht mit einer raschen Einigung: Unter der österreichischen Ratspräsidentschaft werde man die Gespräche beginnen, sie aber nicht zum Abschuss bringen können, dämpfte er allzu große Erwartungen.

Und wie steht er selbst dazu? „Mit einer Meinung halte ich mich zurück“, sagte er mit Verweis auf seine Vorsitzführung in den bevorstehenden Diskussionen. Nur soviel: „Aus den USA gibt es negative Beispiele." Dort seien Sammelklagen zum regelrechten Geschäftszweig geworden, das wolle man für Europa nicht.

"Opt out" nur für Bagatellschäden?

Eine Denkvariante könnte sein, dass Sammelklagen in der "opt-out"-Version - ohne Auftrag der einzelnen Betroffenen - nur bis zu einer bestimmten Bagatellgrenze zugelassen werden, nicht aber bei höheren Beträgen. Gerade bei Streuschäden, bei denen jeder einzelne Konsument nur mit einem kleinen Betrag mitbetroffen ist, erweist sich die Geltendmachung derzeit oft als schwierig - von der Kostenseite her und oft auch, weil sich die genauen Schadenshöhen schwer nachweisen lassen.

Eine entscheidende Frage wird freilich auch sein, wer künftig überhaupt für solche Klagen legitimiert sein soll. Nach den bisherigen Überlegungen kommen dafür vor allem unabhängige öffentliche Einrichtungen und Verbraucherverbände in Betracht. Diese könnten dann EU-weit klagsbefugt sein.

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