Eine Kulisse wie ein Gemälde

Stimmungsvolle Bilder gab es beim Salzburger EU-Gipfel zur Genüge, Fortschritte dafür nicht.

Salzburg. „Could be the mise-en-scène for an opera. In Austria they are really good at this.“ Auf Twitter machte Mittwochabend ein Bild die Runde, das auf den ersten Blick wie ein pittoreskes Gemälde wirkt: Die 28 EU-Staats- und Regierungschefs dinieren vor den berühmten Arkaden der Felsenreitschule in Salzburg. Viele verglichen die Szene mit der berühmten Schlussperformance beim Musical „The Sound of Music“, als die von Trapps „So Long, Farewell“ singen – eine Anspielung darauf, dass dies wohl eines der letzten Abendessen der britischen Premierministerin, Theresa Mays, im Kreis ihrer EU-Kollegen war.

Die Inszenierung beim ersten EU-Gipfel auf österreichischem Boden seit zwölf Jahren hätte stimmungsvoller nicht sein können – als „außergewöhnliche Bühne“ bezeichnete Angela Merkel den Rahmen. Konkrete Fortschritte bei den wichtigsten Themen Migration und Brexit blieben aber auf der Strecke (siehe Seiten 1 und 2). Auch kulinarisch zeigten sich die hohen Gäste des Bundeskanzlers begeistert. Beim Abendessen am Mittwoch hatte das Hotel Sacher das Catering übernommen – auf der Speisekarte standen Aberseer Schaffrischkäse mit Tomaten-Zucchini-Salat, ein Wiener Schnitzel vom Milchkalbsrücken mit Petersilerdäpfeln und als Nachspeise – kaum überraschend – eine Sachertorte mit Schlag. Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker schwärmte am Donnerstag vor Journalisten, er habe seine Leibspeise – das „exzellente Schnitzel“ – sehr genossen; die festgefahrene Debatte in der seit Monaten schwelenden Flüchtlingsfrage dagegen weniger.

Auch abseits des Begrüßungsessens gab es viel Lob für die schöne Kulisse am Tagungsort und die „gute Organisation der österreichischen Regierung“, wie mehrere Amtskollegen von Sebastian Kurz höflich betonten. Am gestrigen Donnerstag berieten die EU-Chefs im Salzburger Mozarteum gleich neben dem Mirabell-Platz. Dort kredenzte Haubenkoch Andreas Döllerer Rindsuppe, Salzburger Rind und Kaiserschmarren – Letzteren ohne Rosinen.

In der unmittelbaren Umgebung des Mozarteums waren zwar einige Geschäfte geschlossen, weil man aufgrund der Platzsperren kaum mit Umsatz rechnete. Sonst aber gab es für Anrainer und Touristen – abgesehen von erhöhter Polizeipräsenz und Hubschrauberlärm – nicht allzu viele Einschränkungen im Vergleich zu einem normalen Wochentag. Viele hatten am Mittwoch und Donnerstag ohnehin darauf verzichtet, mit dem Auto in die Innenstadt zu fahren. Die Salzburger selbst nahmen das Spektakel gelassen auf; sogar ein gewisser Stolz lag in der Luft, dass ein so wichtiges Treffen in der eigenen Stadt stattfindet. Ein enormes Aufgebot von Journalisten, Fotografen und Fernsehreportern aus ganz Europa beflügelte dieses Gefühl.

Mehrere Schaulustige verfolgten das Geschehen hinter den zahlreich errichteten Absperrungen: 28 hintereinander einrollende Luxuslimousinen mit Polizeieskorte, Dutzende Fernsehstationen und Reporter sieht man in Salzburg schließlich nicht alle Tage. Die anwesenden Touristen jubelten den Vertretern ihrer jeweiligen Heimatländer bei deren Ankunft euphorisch zu: Besonders viel Applaus bekamen an der Felsenreitschule Mittwochabend May sowie auch die deutsche Bundeskanzlerin, Angela Merkel.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.09.2018)


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