Gericht: Im Doppelbett schläft man nicht in der Mitte

Clemens Fabry
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Ein Rechtsstreit über ein mit zwei separaten Matratzen aufgebautes Bett warf die Frage auf, welche Eigenschaften von einem Doppelbett erwartet werden dürfen.

Linz. Das Recht muss alle Bereiche des Lebens durchdringen. Auch die bestimmungsgemäße Benutzung eines Bettes im Sinne der körperlichen Positionierung in diesem ist klarerweise eine essentielle Rechtsfrage, wie die Rechtsunterworfenen seit Landgericht Koblenz 17.08.2018, Az. 6 S 92/18 wissen. Trotz dieser vielleicht zweideutigen Einleitung ist das Thema kein schlüpfriges, sondern ein gewährleistungsrechtliches.

Der in unseren Breitengraden übliche Bettaufbau „Lattenrost mit Matratze“ bekommt zunehmend Konkurrenz durch das vornehmlich in Nordamerika populäre Boxspringbett. Ein Boxspringbett kann in einem deutschen Möbelhaus zum Beispiel mit folgendem Aufbau käuflich erworben werden: Breite 160cm, gefedertes Untergestell als Basis, zwei (das wird noch wichtig sein!) aufgelegte Matratzen mit einer Breite von jeweils 80cm, durchgehender Bezug, aufgelegter durchgehender Topper (Kaufpreis 2000 Euro).

Kleines gewährleistungsrechtliches Einmaleins

Welche Eigenschaften soll ein Boxspringbett denn nun haben? Und wann ist es mangelhaft? Seit der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25.05.1999 zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter, ABl L 1999/171, 12–16 (Verbrauchsgüterkauf-RL) ähneln einander die gewährleistungsrechtlichen Regelungen der Mitgliedsstaaten der Europäischen Union.

§ 434 (deutsches) BGB – es wird ja eine Berufungsentscheidung des Landgerichtes Koblenz besprochen – sieht als Prüfungsschema vor: Vereinbarte Beschaffenheit, mangels Vereinbarung Eignung zu der nach dem Vertrag vorausgesetzten Verwendung, ansonsten Eignung zur gewöhnlichen Verwendung bei Beschaffenheit, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann.

Nach § 922 (1) (österreichisches) ABGB leistet der Verkäufer Gewähr, dass der Kaufgegenstand dem Vertrag entspricht. „Er haftet also dafür, dass die Sache die bedungenen oder gewöhnlich vorausgesetzten Eigenschaften hat, dass sie [hier: das Kaufobjekt] seiner Beschreibung, … entspricht und dass sie der Natur des Geschäftes oder der getroffenen Verabredung gemäß verwendet werden kann."

Ist die Kuhle in der Mitte ein Mangel?

Der nur anfänglich glückliche Käufer des Boxspringbettes war nun leider Single und schlief immer in der Mitte des Bettes, sodass sich dort – wir erinnern uns, das Boxspringbett besteht unter anderem aus zwei (!) Matratzen und nicht einer durchgängigen – eine Mulde (im Verfahren Kuhle genannt) bildete – unangenehm für den Käufer, aber deswegen mangelhaft?

Der Käufer begehrte vom beklagten Möbelhaus jedenfalls den Kaufpreis zurück, in Österreich würde man sagen, er machte seinen Anspruch auf Wandlung nach § 932 (1) ABGB geltend.

Der vom Amtsgericht Mayen in I. Instanz bestellte Sachverständige für industriell gefertigte Möbel, Polstermöbel und Wasserbetten befand des Bett als mangelfrei. Ein Schlafen in der Mitte eines Doppelbettes sei keine sach- und fachgerechte Nutzung.

Damit verlor der Kläger durch beide Instanzen das Verfahren, da es nämlich nicht der üblichen Beschaffenheit eines Doppelbettes entspreche, dass der Übergangsbereich zwischen den Matratzen zum Schlafen genutzt werden könne.

Frau im Prospekt zeigt nicht die typische Schlafsituation

Und die hübsche Singlefrau aus dem Prospekt des Möbelhause? Die noch dazu diagonal in einem solchen Bette liegend ihrerseits einen Prospekt durchblätterte? Immerhin bestimmen nach § 922 (2) ABGB „öffentliche Äußerungen des Übergebers oder des Herstellers, vor allem in der Werbung“ die üblichen Eigenschaften einer Ware. Zu kurz gedacht, befand das Gericht: Im Bett einen Prospekt durchzublättern unterscheide sich grundlegend von einer „typischen Schlafsituation“. Es bestünde auch keine Pflicht des Möbelhauses, von sich aus bei einem Kauf eines Doppelbettes über die Nutzungsmöglichkeiten der Liegefläche aufzuklären.

Zu den Risiken der mittigen Nutzung eines Boxspringbettes fragen Sie Ihren Möbelverkäufer: Nur diese allenfalls bekannt vorkommende Formulierung hätte unserem armen Single in concreto geholfen: Die durch den Verkäufer bejahte Frage des Singles, ob er dauerhaft in der Mitte des Bettes schlafen könne, hätte zu einer „bedungenen Eigenschaft“ (§ 922 (1) ABGB) geführt, die dann aber nicht vorgelegen wäre.

Zum Autor

Dr. Karl Krückl, MA LL.M ist Verteidiger in Strafsachen, emeritierter Rechtsanwalt und Of Counsel der Bruckmüller RechtsanwaltsgmbH in Linz.

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