Wohntrends: Optische Hilfestellung für die Fantasie

Schöne Aussichten in der Leopold Ferstl Gasse.
Schöne Aussichten in der Leopold Ferstl Gasse.(c) Boconcept
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Immer mehr Luxusobjekte werden teuer eingerichtet angeboten. Und verkauft.

Passt der Esstisch darunter? Wird das eng mit dem Bett? Hat die Couchlandschaft Platz? Diese Fragen stellen sich nicht nur Herr und Frau Durchschnittsösterreicher bei der Besichtigung von drei Zimmern, Kuchl, Bad. Sondern auch die potenziellen Eigentümer von drei Etagen, Butlerküche und Dachterrasse.

Zumindest deutet der immer stärker werdende Trend, hochwertige Wohnungen vor dem Verkauf komplett zu möblieren, darauf hin. Einerseits hat das damit zu tun, dass Pinterest, Instagram und Co. unsere Augen daran gewöhnt haben, dass alles immer perfekt aussehen muss – und dann selbst der mitgebrachte Innenarchitekt wenig hilft, wenn die Kundschaft es sich nicht vorstellen kann.

Wählerische Kundschaft

Zumal diese sich im Wiener Luxusmarkt derzeit überhaupt nichts vorstellen können muss. Denn es ist so viel auf dem Markt wie noch nie, und wenn das Gefühl bei der Besichtigung von Millionenobjekt eins nicht so richtig passt, wird eben zu Millionenobjekt zwei weitergezogen. Besonders dann, wenn das Objekt nicht zu hundert Prozent den Idealvorstellungen entspricht – etwa weil das Penthouse über die verpönten Schrägen verfügt oder eines der Schlafzimmer so wirkt, als hätte kein Kingsize-Bett darin Platz. „Vor allem bei schwierige Grundrissen ist die Möblierung hilfreich“, weiß Martin Müller, Geschäftsführer von JP Immobilien.

Das habe damit zu tun, dass leere Räume sowieso immer kleiner wirken und es den Leuten schwerfällt, sich vorzustellen, was alles dort hineinpasst. „In Wahrheit reicht es zum Beispiel völlig aus, wenn um ein Bett herum noch 60 bis 80 Zentimeter sind“, so der Makler und Entwickler, „aber die Leute glauben oft, da müsse noch mindestens ein Meter Platz sein.“ Wenn allerdings schon zwei nette Nachtkastln neben dem Bett stehen und ersichtlich ist, dass man wunderbar drumherum gehen kann, stellt sich die Frage gar nicht mehr.

Deshalb entschließen sich immer mehr Makler und Entwickler dazu, lieber in die Ausstattung zu investieren. „Es kostet zwar viel, bringt aber auch viel“, bringt es Müller auf den Punkt. Und setzt es auch im eigenen Unternehmen um: „Wir habe uns bei Nummer zehn Renngasse dazu entschieden, eine Musterwohnung und eines der vier Dachgeschosse komplett einzurichten“, erzählt er vom demnächst fertig werdenden Objekt. Dieses wird, wie ihm bewusst ist, mit all den anderen Luxusobjekten in Wiens erstem Bezirk um die Gunst der Kunden rittern, „denn der Markt wird ja nicht leichter“.

Ganz ähnlich sieht es Sandra Bauernfeind, geschäftsführende Gesellschafterin von EHL Wohnen: „Gerade jetzt, wo so viel im Ersten auf den Markt kommt, macht das Sinn, vor allem dann, wenn es irgendwo schwierig wird, weil beispielsweise Schrägen da sind“, betont sie. In letzter Zeit habe sie immer öfter erleben können, welche Wirkung eingerichtete Wohnungen auf potenzielle Käufer haben.

Gefragte Musterwohnungen

„Wir sehen häufig, dass Musterwohnungen relativ rasch verkauft sind, weil die Kunden sich darin wirklich vorstellen können, wie es aussehen wird“, berichtet sie. Manchmal gehe das sogar frei nach dem Motto: „Packen Sie mir einfach alles ein“, erzählt sie. „Wir hatten auch schon einen frisch geschiedenen Kunden, der die komplette Musterwohnung mit allem, was drin war, gekauft hat. Von den Handtüchern über die Bettwäsche bis zu den Schneidbrettern.“

Wie aber muss eine solche Wohnung aussehen, um den Geschmack von vielen zu treffen, ohne beliebig oder gar billig zu wirken? Grundsätzlich raten die Profis zu neutralen, ruhigen Farben, die mit bunten Akzenten – etwa bei der Auswahl von Bildern oder Dekoelementen – aufgepeppt werden. „Mutige“ Statements etwa bei der Wandfarbe sind dagegen tabu, zu groß ist die Gefahr, damit einen Käufer abzuschrecken.

Zielgruppe definieren

Außerdem ist es hilfreich, wenn man sich weitgehend klar ist, an welche Käufergruppe sich das Angebot richten soll. Denn ein Vorarlberger Paar, das in Wien einen Zweitwohnsitz für Geschäftstermine und Opernvorstellungen sucht, hat zumeist andere ästhetische Vorstellungen als etwa ein Käufer aus dem arabischen Raum, der etwas Passendes für die Großfamilie sucht. „Da kann schnell einmal etwas in die falsche Richtung gehen“, weiß auch Ewald Stückler, Geschäftsführer der Tecno Office Consult, die sich ebenfalls mit der Einrichtung hochwertiger Wohnungen befasst. Davon abgesehen geht es aber vor allem darum, dass die Einrichtung stimmig ist und zur Wertigkeit des Objektes passt. „Sie muss so hochwertig sein wie die Wohnung selbst. Da braucht es in diesem Segment ein wirklich tolles Sofa und einen wirklich tollen Teppich“, weiß Bauernfeind, „alles muss professionell eingerichtet sein und die Designerlampe zum Esstisch passen.“ Und ebenso das Interieur zum Objekt, „denn eine klassische Villa im 18. Bezirk werde ich anders einrichten als eine Architektenvilla“, sagt Stückler.

„Da lebt schon jemand“

Wer als Verkäufer dabei sparen will, zahlt nach Einschätzung der Experten häufig drauf. Nicht nur, weil er auf dem vermeintlich günstigen Mobiliar sitzen bleibt, sondern im Zweifelsfall auch entsprechend länger auf dem Luxusobjekt selbst. „Die Käufer wollen keine Copy/Paste-Lösungen“, ist Stückler überzeugt. „Die Einrichtung muss fein abgestimmt sein und das Gefühl vermitteln: Da lebt schon jemand.“ Und zwar jemand, der Geschmack hat, und das auf dem gleichen Niveau wie der potenzielle Käufer – weshalb eine Ausstattung mit Ikea-Möbeln eine ganz schlechte Idee sei. Nicht, weil die Möbel schlecht sind, „sondern weil der Kunde erkennt, dass es Ikea-Möbel sind und ich damit unbewusst das ganze Objekt preislich downgrade“, erklärt Stückler.

Und das kann nun wirklich nicht im Sinne des Erfinders sein – zumal sich sich die Investition in Designermöbel ja im Bestfall nicht nur über die kürzere Vermarktungsdauer der Wohnung oder des Hauses rentiert. Vielmehr werden die Möbel ja auch häufig direkt mitgekauft. Manchmal sogar bis hin zu den Handtüchern und Schneidbrettern. (SMA)

ANSICHTSACHE

Weil man sich oft nicht vorstellen kann, was alles unter eine Schräge passt, helfen Beispiel- Möbel dabei, eine bessere Idee von den Möglichkeiten zu bekommen. Inzwischen geht der Trend aber noch über Stagen - bei dem durchaus auch Küchen aus Karton oder Luftbetten unter der Tagesdecke genutzt werden können - hinaus. Immer mehr hochwertige Objekte werden teuer eingerichtet - und verkaufen sich damit besser und schneller.

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