Kolportagekönig als Mahner und Moralist

Bestsellerautor und Gesellschaftskritiker Johannes Mario Simmel.
Bestsellerautor und Gesellschaftskritiker Johannes Mario Simmel.(c) EPA (GAETAN BALLY)
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Gesellschaftskritik und Sentimentalität. Johannes Mario Simmel, mit 73 Millionen Büchern erfolgreich wie kaum ein anderer, bietet in seinen Bestsellern eine prickelnde Mischung aus Unterhaltung und beklemmenden Fakten.

Gabriele. Trotz mehreren Ehen und vielen exzessiven Liebschaften ist sie die wichtigste Begleiterin seines Lebens. Gabriele, die mechanische Schreibmaschine von Triumph-Adler. Ein Modell pro Buch hat der über Jahrzehnte erfolgreichste deutschsprachige Schriftsteller verschlissen. Als Johannes Mario Simmel erfährt, dass die Gabriele-Produktion eingestellt wird, kauft er sie in Massen auf. Auch nach einem Sturz und einer kaputter Schulter weigert er sich, auf ein elektrisches Modell oder gar einen Computer umzusteigen, bleibt seiner mechanischen Geliebten treu – weil er ihren Widerstand der Tastenliebt. Und hämmert seine Romane weiterhin unter großen Schmerzen in die Maschine.

In einer Kritik über sein erstes Buch wird Simmel mit Hemingway verglichen. Doch dann bleibt die Anerkennung lang verwehrt. Als „bestenfalls gehobene Trivialliteratur“ beurteilt das Feuilleton die Romane des Schundlieferanten. Doch irgendwann dreht sich der Wind: 1982 liest man in der „Zeit“, es sei „unmöglich, Simmel nicht zu lieben“. Später preisen auch Kritikerlegenden den früher als „Bestseller-Mechaniker“ desavouierten Erfolgsschriftsteller. Marcel Reich-Ranicki meint, Simmel habe „wie kaum ein anderer zeitgenössischer Autor einen fabelhaften Blick für Themen, Probleme und Motive“.

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