Speed-Dating in New York: Wen Kurz, Van der Bellen und Kneissl bei der UNO treffen

Kurz, Van der Bellen und Kneissl sind in New York, wo auch der Helikopter von US-Präsident Donald Trump landet.
Kurz, Van der Bellen und Kneissl sind in New York, wo auch der Helikopter von US-Präsident Donald Trump landet.APA/AFP/MANDEL NGAN
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Warum Österreichs Staatsspitze um afrikanische Präsidenten buhlt – und Außenministerin Kneissl unbedingt einen Termin mit ihrem US-Amtskollegen Mike Pompeo haben will.

New York. Das „Freud“, ein Bobo-Restaurant im New Yorker East Village, hatte in der Nacht auf Montag hohen Besuch aus Österreich. Bei Branzino und Burger steckten Bundespräsident Alexander Van der Bellen, Bundeskanzler Sebastian Kurz und Außenministerin Karin Kneissl vor Journalisten ihren Parcours durch die dieswöchige Generalversammlung der Vereinten Nationen ab. Österreich nehme die UNO wichtig und sei ein energischer Vertreter des Multilateralismus, sinnierte Van der Bellen. Und deshalb sei man zu dritt hier in New York.

In ihrem diplomatischen Speed-Dating am Rande der Vollversammlung räumt die österreichische Staatsspitze heuer einem Kontinent den Vorrang ein, der in den vergangenen Jahrzehnten zu oft als vergessen galt. Kurz und Van der Bellen treffen am East River gleich mehrere afrikanische Präsidenten: Paul Kagame aus Ruanda, Uhuru Kenyatta aus Kenia, Nana Addo Dankwa Akufo-Addo aus Ghana, Cyril Ramaphosa aus Südafrika und Adama Barrow aus Gambia. Sie alle und dazu noch ein Dutzend anderer afrikanischer Staats-und Regierungschefs sollen am 18. Dezember zu einem Gipfel mit der EU nach Wien kommen, zu dem Kurz und der derzeitige Vorsitzende der Afrikanischen Union, Paul Kagame, gemeinsam einladen. Deutschlands Bundeskanzlerin Angela Merkel und EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker haben ihre Teilnahme bereits zugesagt.

China hat die Nase vorne

Die Migrationskrise hat den Kontinent wieder in den Aufmerksamkeitsradius Europas gerückt. Doch diesmal soll es nicht nur um Grenzen der Zuwanderung gehen, sondern auch um Investition und Innovation. Es ist ein Wettlauf im Gang in Afrika, wo sich die Bevölkerung von derzeit 1,26 Milliarden Menschen bis zum Jahr 2050 verdoppeln soll. Und China hat in diesem Rennen die Führung übernommen. Erst neulich kündigte das kommunistische Regime bei einem Gipfel in Peking an, in den kommenden drei Jahren 60 Milliarden Dollar nach Afrika zu pumpen – ohne moralischen Zeigefinger oder politische Vorbedingungen. Auch Europa ist am Start: In ihrem jetzigen Finanzrahmen bis 2020 addieren sich die für die Subsahara markierten Mittel, wenn man die Hebelwirkungen einberechnet, auf satte 33 Milliarden Euro. Doch was fehlt, ist eine gebündelte Strategie. Und das soll sich nun ändern.

Gleich nach seiner um eine Stunde verspäteten Ankunft am JFK-Airport raste Kurz nach Manhattan zum ägyptischen Staatschef Abdel Fattah al-Sisi. Ein Folgetreffen. Der Bundeskanzler hatte ihn erst in der Vorwoche in Kairo getroffen. In New York war diesmal auch EU-Ratspräsident Donald Tusk dabei. Kurz strebt ein Flüchtlingsabkommen mit Ägypten an – nach türkischem Vorbild, aber nicht annähernd so teuer. Es dürfte langsam Gestalt annehmen.

Am Montag wollte Kurz noch den ehemaligen Chef von Google und Alphabet, Eric Schmidt bei einem Mittagessen treffen, davor noch die IWF-Direktorin Christine Lagarde, am Nachmittag die Führungsriege der „New York Times“, am Abend dann den New Yorker Ex-Bürgermeister Michael Bloomberg. Am Dienstag stellt er sich mit Van der Bellen und Kneissl bei UN-Generalsekretär Antonio Guterres ein. Ein paar Stunden später sollen der Bundespräsident und die Außenministerin gemeinsam ein Gespräch mit Jordaniens König Abdullah II. führen. Schon am Montagabend wird Van der Bellen Gelegenheit haben, US-Präsident Trump bei einem Empfang im Hotel New York Palace die Hand zu schütteln.

Kneissls volles Programm

Außenministerin Karin Kneissl hat in der UNO-Woche das dichteste Programm von allen, und sie wird auch am längsten in New York bleiben. Ihre Rede im UN-Hauptquartier, die sie in mehreren Sprachen halten will, ist erst für Samstag angesetzt. Dabei will Kneissl auf ihre Vorredner eingehen, die ab Dienstag das Marmor-Podium im Glaspalast der UNO erklimmen werden. Gleich zu Beginn, als Vierter, wird Donald Trump das Wort ergreifen. Man wartet gespannt und mit Schrecken darauf. Letztes Jahr hatte der US-Präsident dem „kleinen Raketenmann“ aus Nordkorea mit einem Atomkrieg gedroht. Heuer dürfte sein Zorn dem Iran gelten. Es wird mit einer Eskalation gerechnet.

Kneissl legt in New York ein Marathon-Programm hin. In Treffen mit ihren Amtskollegen aus Indien, Brasilien und Bangladesch will sie baldige Besuche in diese Ländern vorbereiten. Viele ihrer Gespräche mit Außenministern aus dem Nahen Osten, auch aus dem Iran, werden um Syrien kreisen. Den UN-Beauftragten Staffan de Mistura wird sie in New York gleich zwei Mal sehen.

Geplant ist auch ein Treffen mit US-Außenminister Mike Pompeo vor oder nach dem traditionellen Transatalantic Dinner, zu dem die Amerikaner fast vier Dutzend Chefdiplomaten aus Europa laden. Kneissl hat stark auf diesen Termin gedrängt und ihre Bemühungen nach der Aufregung um den Besuch des russischen Präsidenten Wladimir Putin bei ihrer Hochzeit intensiviert. Ein paar Minuten Gespräch mit Pompeo soll es nun geben, mit den Themenschwerpunkten Syrien, Iran und Serbien/Kosovo. Das kündigte Kneissl im Restaurant „Freud“ an.

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