Der italienische Vizepremier deutet im "Presse"-Exklusivgespräch an, dass er auch mit einer Haushaltsverschuldung von mehr als zwei Prozent leben könnte - trotz Widerstands seines Wirtschaftsministers und der EU. Heute wird das Budget vorgestellt.
Italiens Vizepremier und Innenmininister, Matteo Salvini, will beim Haushaltsplan für 2019 nicht nur auf die Zahlen schauen. Das sagte er im Gespräch mit der "Presse". Das Budget wird am Donnerstag präsentiert - angesichts der hohen Verschuldung des Eurokrisenlandes wartet man in Brüssel mit großer Nervosität auf Details.
Denn Wirtschaftsminister Giovanni Tria hatte zwar versprochen, bei den Ausgaben auf die Bremse zu drücken - zuletzt war von einem Defizit von 1,6 Prozent die Rede. Allerdings pochen die Chefs der Regierungsparteien auf mehr Geld, um ihre kostspielige Wahlversprechen zu realisieren. Die Fünf-Sterne Bewegung sorgte mit ihrer Forderung nach einem Grundeinkommen bereits für Spannungen an den Märkten. Und auch die mitregierende Lega will nicht so genau auf die Zahlen schauen, wie Innenminister und Vizepremier Matteo Salvini am Mittwoch der "Presse" sagte: "Ich will nichts vorwegnehmen, wir arbeiten noch am Entwurf". Aber: Für ihn gebe es grundsätzlich keine "Zwänge, keine Einschränkungen, mir geht es um die Inhalte - ob nun eine eins oder eine zwei vor dem Komma (beim prognostizierten Defizit, Anm.) steht - oder am Ende gar eine 2,5 herauskommt, ist nicht so wichtig."
Eine Überschreitung des Defizits von zwei Prozent - oder gar eine Annäherung an die Maastricht-Grenzen von drei Prozent - würde an den Märkten und in Brüssel die Alarmglocken läuten lassen. Italiens Staatsverschuldung erreicht mit 132 Prozent des BIPs EU-Rekordhöhen. Die Angst ist zudem groß, dass durch eine allgemeine Verunsicherung an den Märkten die Preise der italienischen Staatsanleihen sinken (und die Rendite steigen) - und somit Italiens Schulden noch teurer werden. Das Land stand deshalb bereits 2011 vor dem Bankrott.
Flat Tax und Pensionsreform
Doch Salvini hat andere Prioritäten, als den Haushalt zu sanieren: Sowohl die versprochene Flat-Tax werde kommen, als auch eine Pensionsreform - "vielleicht nicht sofort, möglicherweise werden wir diese Reformen schrittweise einführen", erklärte er gegenüber der "Presse". Die Reformen würden laut Expertenschätzungen zehn Milliarden Euro kosten.
Am Donnerstag jedenfalls mehrten sich die Gerüchte, dass sich die beiden Koalitionspartner auf ein Defizit von 2,4 Prozent geeinigt hätten. Wirtschaftsminister Tria blieb offenbar hart. Das Budget sollte eigentlich am Abend präsentiert werden.
Die neue Regierung aus populistischer Fünf-Sterne-Bewegung und rechter Lega ist seit Juni im Amt. An den Finanzmärkten richten sich die Hoffnungen auf den parteilosen Wirtschaftsminister Tria. In den letzten Monaten hatte er immer wieder den beiden Parteien die Stirn geboten, es häuften sich auch Gerüchte über seinen Rücktritt. Denn der Minister soll die üppigen Ausgabenpläne der Bündnispartner abmildern und damit verhindern, dass Italien eine neue Schuldenkrise in Europa lostritt.