Marokko: Migrantenboot beschossen

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Symbolbild. (c) imago/Le Pictorium (Pierre Berthuel / Le Pictorium)
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Marineschiffe feuerten auf ein Schnellboot mit Kurs auf Spanien, nachdem dieses nicht gestoppt hatte. Eine Frau starb.

Rabat. Marokko verschärft den Kampf gegen die illegale Migration über das Meer nach Europa: Nur wenige Tage, nachdem ein Regierungssprecher in Rabat just das angekündigt hatte, stoppten Boote der marokkanischen Marine am Dienstag ein Boot voller Migranten und schossen dabei scharf. Eine Frau aus Marokko starb auf dem Boot, drei weitere Migranten wurden verletzt.

Berichten zufolge handelte es sich um ein Rennboot, das in der Straße von Gibraltar Richtung Spanien fuhr. Der Bootsführer habe Anweisungen, beizudrehen oder zu stoppen, missachtet. Darauf habe man geschossen, hieß es seitens der Marine. Bei ihm habe es sich um einen Spanier gehandelt. Die anderen Bootsinsassen hätten auf dem Boden gelegen.

Europa hatte Marokko jüngst neue Millionenhilfen versprochen, um gegen Schlepper vorzugehen. Die meisten Migrantenboote, die in Spanien ankommen, fahren von Marokko los. Wollte man nun eine abschreckende Wirkung erzielen? König Mohammed VI. steht seit Wochen unter Druck, weil neuerdings sein Reich zum wichtigsten nordafrikanischen Transitland von Subsahara-Afrika nach Europa geworden ist. Aber auch die Zahl der Marokkaner, die weg wollen, steigt: Seit Tagen geistern Videos durchs Internet, die zeigen, wie Marokkaner Boote besteigen. Ein Handyfilm dokumentiert, wie eines Nachts Hunderte Jugendliche gegen die Polizei demonstrieren, weil diese Jagd auf Leute macht, die am Strand lagern. „Wir wollen legal auswandern“, riefen die Demonstranten. Viele junge Marokkaner wollen angesichts hoher Arbeitslosigkeit, geringer Löhne und mangelnder Freiheiten auswandern.

Marokkos Polizei verschärft Kontrollen

Bürgerrechtler berichten von verstärkten Kontrollen in Küstenstädten. Marokkos Regierung sprach von 54.000 Menschen, die seit Jänner an der Überfahrt gehindert wurden. Seit Sommer ist Spanien das wichtigste Ziel der Migranten aus dem Süden: Insgesamt sollen heuer 36.000 mit Booten nach Spanien, 23.000 nach Griechenland und 21.000 nach Italien gelangt sein, das 2017 noch Ziel Nummer eins gewesen war, bis Rom den Grenzschutz verschärft hatte. (ze)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.09.2018)

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