Heftiger Streit um Einführung einer neuen Zeit

Das Erdzeitalter des Meghalayium sorgt unter Forschern für böses Blut.

Für Ordnung in der ganz großen Zeit, jener der Geologie, sorgt eine Kommission dieser Wissenschaft, sie heißt ICS und hat Ende Juli beschlossen, dass wir in einem neuen Zeitalter leben. Nein, es ist nicht das heiß debattierte Anthropozän, es heißt Meghalayium und hat vor 4200 Jahren begonnen. Da überzog eine Dürre Mesopotamien, später zeigte sich Ähnliches andernorts, zuletzt im nordindischen Bundesstaat Meghalaya, der Name bedeutet „Heimstätte der Wolken“.

Auf diese Spuren setzte Mike Walker (University of Wales), der vom ICS beauftragt wurde, Ordnung in das Holozän zu bringen. Dieses begann vor 11.700 Jahren – da war die Eiszeit zu Ende – und gliederte sich in drei Etappen, die frühes, mittleres und spätes Holozän genannt wurden, aber nicht exakt getrennt waren. Das Problem der ersten Grenze ließ sich rasch lösen: Vor 8200 Jahren wurde es noch einmal kalt, weil Schmelzwasserseen in Nordamerika ihre Ufer durchbrachen, das hinterließ klare Spuren zwischen den ersten Unterzeitaltern des Holozän, Grönlandium und Northgrippium.

Markierung zu Recht im Tropfstein?

Schwieriger war die zweite Grenze. Aber immer mehr deutete auf die Zeit vor 4200 Jahren: Zeichen von Dürre fanden sich auch in Europa und Amerika, und 2012 in Meghalaya, in einem Tropfstein in der Mawluh-Höhle. Er war für Walker und die ICS der ideale Platz für die Markierung der neuen Zeit, dafür treibt man einen „golden spike“ in Gestein.

Der Nagel war noch nicht eingeschlagen, da brach bitterer Streit über die neue Zeit aus, vor allem Ägyptologe Gay Middleton (Prag) machte mobil: Vor 4200 Jahren habe es keine globale Dürre gegeben (und ein Klimawandel habe nie ein neues Erdzeitalter eingeläutet). Der Ton war hart, von beiden Seiten, letzte Woche schlug sich Science auf jene von Middleton und ließ ihn seine Argumente vortragen (361, S. 1204). Das Wichtigste war nicht dabei: In neueren Analysen zeigt der Tropfstein keine plötzliche Trockenheit, sondern eine, die sich über Jahrhunderte zog. Aber was amtlich ist, bleibt es auch im ICS: Der Beschluss kann in frühestens zehn Jahren revidiert werden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.09.2018)

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